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Totenklage um Kaiser Friedrich - ZaunköniG - 03.03.2024 Totenklage um Kaiser Friedrich I. Dem ersten Schmerz, dem heilig ernsten tiefen, Soll nicht der Trost, - sei’s auch der Liebsten, - nah’n; Ihn trösten wollen, - zudringlicher Wahn! Wart’ ab, bis milder erst die Thränen triefen! Wem je versunken ist in Deine Tiefen, O Grabesgruft, ein Liebstes, - stummer Schwan, Des echten Schmerzes Sinnbild, folg’ dem Kahn Des Charon, dem doch nimmer Einhalt riefen Die Klagelaute, die vom Ufer geller, Die Arme, die sich zum Gebet erheben, - Auf finstrem Strome, dessen trübe Quellen Viel Thränen sammeln, wie der Menschheit Leben Sie weint, wenn Schicksalsnot die Parzen weben; - Folg’ schweigend ihm auf des Cocytos Wellen! RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 2 - ZaunköniG - 18.03.2024 II. Verachtung nur gebührt den Dichterlingen, Die an der Bahre schon die Totenklagen Kunstvoll gefühllos anzustimmen wagen, Daß sträubend fast der Leyer Saiten springen. Es fehlen solchem Sang des Schwanes Schwingen, Der nach dem Heimgeleit, empor getragen Vom Thränenstrom zum Wlkenflor, mit Zagen Des Schmerzes Schweigen endlich löst in Singen, In Singen, - nicht, daß drunten man ihn höre, In Singen, weil ein Gott es ihm verlieh, Verzweiflung in Entsagung auszutönen, Die Sehnsucht zu verklären, daß sie nie Das Bild verliert, daß sich umflort verlöre, Müßte der Thränen sie sich nicht entwöhnen. RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 3 - ZaunköniG - 05.08.2024 III. Jetzt, da die Trauerglocken längst verklungen, Nachdem vorbei der anbefohl’ne Brauch, - Nicht mehr mit Crep am Arm sich jeder Gauch Bekleidet, weil es Mode, halbgezwungen; Nachdem verstummt der Leichenpred’ger Zungen, Verzogen der Gefallsucht myrrhenrauch, Da längst die frischen Blumenspenden auch Verwelkt sind, die man um sein Grab geschlungen: Jetzt erst erkennbar ist die wahre Trauer Der Guten, die nach Wochen nicht bemißt Den tiefen Schmerz von unbeschränkter Dauer, Die Liebe, die des Toten nie vergißt, Die in der Einsamkeit nicht einsam ist, Ergriffen von der Geistesnähe Schauer. RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 4 - ZaunköniG - 23.08.2024 IV. Gewandelt war ich durch der heimat Haine, Gedankenschwer, und von den zukunftsloosen Des Vaterlands bewegt, beim Hünensteine Saß ich noch spät inmitten wilder Rosen, Dort wo einst Wittekind, der Held, und seine Gewalt’ge Heerschaar unter Waffentosen Und Schildgedröhne pflegten auszulosen Den Heerbann, bei des Neumonds mattem Scheine; Und träumend ruht’ ich, auf der Eichen Rauschen Und auf der Quelle Murmeln nur zu lauschen. Da trat ein hohes Weib aus Waldesdunkel Zu mir heran; es strahlt’ wie Sterngefunkel Ein Stirnband, das die Schläfen ihr umkränzte, Ein Saitenspiel in ihren Händen glänzte. RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 5 - ZaunköniG - 25.08.2024 V. Vom Scheitel floß dicht goldiges Gesträhne Des ungeflochtnen Haars zum Gürtel nieder, Ein Panzerkettenhemd umschmiegt’ ihr Mieder; Am Gürtel hing ein Schwert, - am Aug’ die Thräne. - Die Muse Deutschlands war es, wie ich wähne. Die Mutter alter freier Heldenlieder, Die Walafrau, der Ohdin seine Pläne Vertraut, um deren Ohren das Gefieder, Das schwärzliche der Raben Ohdins, schwingt, Wenn sie, wie damals auf dem Hünensteine Um Mitternacht sich niedersetzt und singt. Der ich ihr dort zu Füßen saß am Raine, Den Nachklang biet’ ich hier Euch, der durch meine Von ihrem Sang ergriff’ne Seele klingt: RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 6 - ZaunköniG - 27.08.2024 VI. „Längst lagern schwarze Wolken, schwere Wetter Am Horizonte meines Vaterlandes, Vom Wasgan bis zum Haff des Ostseestrandes Graust’s oft wie Sturmesahnung durch die Blätter. Es naht die Zeit, von der die Runenletter Geheimen Sinns prophetischen Verstandes Der Menschheit droht, die Zeit des Weltkriegbrandes, Da nur ein scharfes Schwert des Volkes Retter, Des Volkes Retter sein soll vom Verderben, Wenn mit der höllenkunst künstlichsten Waffen, Die Lokirs List ersonnen und erschaffen, Mit Mordmaschinen, die den Donn’rer höhnen, Vor deren Knall die Bergesriesen stöhnen, Um Tod und Sieg die Nationen werben. RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 7 - ZaunköniG - 02.09.2024 VII. In diesem Krieg wird nur ein Volk bestehen, Das nicht der Freiheit feig die Ehre bricht, Und das, getreu der Wahrheit und dem Licht, Der Morgensonn’ ins Auge wagt zu sehen. Der Geist des Fortschritts und sein Sturmeswehen Wird niederwerfen jeden kranken Wicht, Dem durch die Glieder schlich der Knechtschaft Gicht, Daß morsch er ward vom Wirbel zu den Zehen. Die Siegespalm’ ist nicht bestimmt für Sklaven; Die Freiheit ist es, die ihr Reich will gründen Auf Heldenblut gesättigten Gefilden! Als Rachegöttin naht sie, streng zu strafen An jedem Volk Europas seine Sünden Und Raum zu schaffen edleren Gebilden! RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 8 - ZaunköniG - 04.09.2024 VIII. Nicht fürcht’ ich Euch, ihr feuerzüngelnden Drachen! - Die Schlange fürcht’ ich, die im Finstern kriecht, Die Krankheit fürcht’ ich, dran die Mannskraft siecht, Wenn sich ins Fäustchen feige Memmen lachen, Den unsichtbaren Hauch, der aus dem Rachen Der Hölle sich auf Vampyrschwingen wiegt, Der sich in edler Seelen Wohnung schmiegt, Sollt’ auch ein Ekkehard ihr Thor bewachen. Die Schlange fürcht’ ich, die Verrat zu stiften, Von Anfang schwur, dem göttlichen Vollbringen, Die in die Knospen schleicht als Todeswurm! Des Edlen Seele kann sie nicht vergiften, Doch konnte sie des Helden Leib bezwingen, Der einst in Schlachten stand stark wie ein Turm! RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 9 - ZaunköniG - 06.09.2024 IX. Die Schlange, die Laokoon zerrissen, Entriß auch ihn uns, der vom heil’gen Grale Ein Ritter, gottgeweihte Ideale Im Herzen barg und seines Volks Gewissen. Gewillt war er, das Banner hoch zu hissen Auf höchster Zinne, das so lang im Thale Wir bergen mußten; - doch, aus bitt’rer Schale Mit Leid getränkt, nun starb er in den Kissen. Um seines Streben letztes Ziel betrogen, Den würdigsten des schönsten Lorbeerreisers Sah’n unsern Friedrich wir gen Wallhall flieh’n. - Ein Zeichen schien es fast, Du sei’st, gewogen, Mein Volk, - zu leicht befunden worden eines Kaisers, Der Dich zur Freiheit dachte zu erzieh’n! RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 10 - ZaunköniG - 08.09.2024 X. Weh Dir mein Volk, wenn Deiner Jugend Träume Selbst Jünglinge mit Flaum am Kinn verlachten! - Mit greisenhaftem Unverstand verachten, So scheint’s, sie heil’ge Hoffnungen als Schäume. Entrüstet schütteln drob die Eichenbäume, In deren Schatten wir Gelübde brachten Den Jahrestagen alter Freiheitsschlachten, Die alten Häupter, und die Sternenräume Vernehmen ihr Gelüster, und wie Klagen Durchhallt ein Echo lichte Himmelssitze, Auf denen großer Ahnen Geister thronen; - Aus Wolkenknäu’ln seh’ ich gespenst’ge Blitze Noch lautlos schwefelgelbe Zacken schlagen Nach jenen Zinnen, wo die Spötter wohnen. RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 11 - ZaunköniG - 12.09.2024 XI. O Macht des Bösen! Wenn die Völker kranken, Wird Freiheit siech, welk Schönheit, Wahrheit blind, - Wie eine Raupe sich um Rosen spinnt, Schlägt plumper Wahn in Fesseln den Gedanken! O Schicksalsnacht, vor der die Säulen sanken Der Tempel von Athen, Rom und Korinth, Macht der Zerstörung, deren Sturmeswind Dem Schiff des Staates rüttelt an den Planken! Der Dejanira liehst Du dein Gewand, Das giftige, um Herakles zu töten; Du strecktest meuchlings nieder in den Sand Achills und Siegfrieds Stärke, ihn zu röten mit edlem Herzblut; - Du füllst uns mit Nöten Und Kümmernis den Kelch jetzt bis zum Rand. RE: Totenklage um Kaiser Friedrich 12 - ZaunköniG - 14.09.2024 XII. Nun schreit der Uhu wieder auf den Gassen ; Froh, daß ein Königsadler nicht mehr lebt, Vor dessen starken Fängen er gebebt, Schwelgt in Verläumdungen sein Neid und Hassen. Stumm aber zieht der Schwan, stolz und gelassen Am Ufer hin, bis daß er kühn sich hebt. - Dann tönt sein Sang, vom Zorn und Schmerz gewebt, In Wolkenhöh’ unhörbar tauben Massen. Hoch am Zenith, besetzt mit Funkelsteinen Schwebt eine Leyer, die Apoll geschlagen, Um Daphnes Tod zu singen, nicht zu weinen: In deren Nähe hoch emporgetragen, Mit deren Klängen sucht der Schwan zu einen Um Kaiser Friedrichs frühen Tod sein Klagen.“ |