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Sonette an Agnes - ZaunköniG - 23.02.2024 Sonette an Agnes Dichterherz darf nicht verzagen: Auch das Leid muß Früchte tragen 1. Erschrick nicht, süßes Kind, wenn diese Sänge Dir unversehens kommen zu Gesichte! Du wähnst vielleicht, weil ich an dich sie richte, Daß mein Geschick zu bittern Klagen dränge. Allein was frommt's, wenn ich der lauten Menge Gereimt enthülle meines Leids Geschichte? In jener Flut pomphafter Klaggedichte Verrännen leicht die ungezierten Klänge. Den lichten Strahl, in meine Brust gesendet, Ihn will ich frei und freudig offenbaren, Und dankbar weih' ich dir, was du gespendet. Der tiefsten Seele soll dein Bild entsteigen; Was mir du bist, du sollst es treu erfahren - So ist dies Lied ja ganz und gar dein eigen! RE: Sonette an Agnes 2 - ZaunköniG - 22.06.2024 2. An jenem Tag, als ich zuerst dich schaute Und zitternd dastand, wunderbar beklommen, Als sei das Ideal herabgekommen, Wie mir zuvor mein kühnster Traum vertraute: Da hab' ich gleich dein Bild, das huldbethaute, Mit seinem Blick, dem milden, engelfrommen, Ins tiefe Herz ehrfürchtig aufgenommen, Daß sich ihm dort ein reiner Altar baute. Und wie seitdem das Leben mich bestürmte Mit der Verführung und des Trugs Gewalten Und meiner Bahn Hemmniss' entgegenthürmte: Jedwede Macht zerrann vor meinem Lieben; An deinem Bilde hab' ich festgehalten, Und dir verdank' ich, daß ich rein geblieben. RE: Sonette an Agnes 3 - ZaunköniG - 28.06.2024 3. Umkränzt mit Lichtern schaut vom Hochaltare Die hehre Jungfrau niederwärts, die reine; Inbrünstig fleht die knieende Gemeine, Daß sie der Gottgeweihten Huld erfahre. Die Menge kommt und geht, die wandelbare, Schon mancher Beter schweigt im Todtenschreine; Die Heil'ge nur, sie bleibt die ewig Eine Und unberührt im stillen Lauf der Jahre. So thronest du in meinem treuen Herzen Unwandelbar, nur rings in klarer Milde Umglühn Gefühle dich wie Opferkerzen; Und wie Gedanken wechselnd sich gestalten, Gleich frommen Betern nahn sie deinem Bilde, Von deiner Huld erst Weihe zu erhalten. RE: Sonette an Agnes 4 - ZaunköniG - 04.07.2024 4. Ja, eine Kirch' ist nun mein Herz geworden! Es flüstert leis von innigen Gebeten, Kein Ungeweihtes darf ins Innere treten, Das Heiligthum beschirmt ein strenger Orden. Es schwillt der Klang in mächtigen Akkorden Geheimnißvoll zum Hohenlied, dem steten; Vom Morgen währt die Feier, bis der späten Gestirne Schaar bekränzt des Himmels Borden. An ihrem Schein entzünden sich die Flammen; Das Kirchlein steht in wunderbarer Helle, Und Erd' und Himmel feiern still zusammen. Da steigt das Lied zum höchsten Lichtgefilde, Daß es sich kühn Unsterblichem geselle -: Die ew'ge Leuchte strahlt vor deinem Bilde. RE: Sonette an Agnes 5 - ZaunköniG - 06.07.2024 5. Du heil'ge Jungfrau! Klarer Liebesbronnen! Daß sie von dir die reinste Liebe lerne, Wie senkt die stille Seele sich so gerne In dein Beschaun, dem Erdentand entronnen! Doch darf sie nur in deinem Glanz sich sonnen: So nah zugleich und unerreichbar ferne Strahlst du hernieder gleich dem Morgensterne, Der uns verheißt erneuten Tages Wonnen. Wenn Himmlischem ein Erdenloos vergleichbar, So ist's mein Lieben, das ins dunkle Leben Ein Glück hineinstrahlt, hoch und unerreichbar. Ich darf ein süßes Bild im Herzen tragen, An seiner Schöne meinen Geist erheben; Doch dem Besitze muß ich stets entsagen. RE: Sonette an Agnes 6 - ZaunköniG - 08.07.2024 6. Und blieb auch fruchtlos mein getreues Ringen, Darf nie mein Arm den süßen Leib umfangen: Wenn ungestillt, wird geistig das Verlangen Und muß verklärt die reinste Blüthe bringen. Wofern dem Geiste Höchstes soll gelingen, So darf er nicht an Wandelbarem hangen; Siegreich erlöst von Erdenlust und Bangen, Enthüllt er ganz die ätherleichten Schwingen. Drum klag' ich nicht. Du warst mir Preis des Lebens: Nun kann ich leicht mich Irdischem entwöhnen; Wer dich geliebt, den lockt die Welt vergebens. So, fesselfrei, geläutert und erneuert, Streb' ich empor ins Reich des Ewigschönen, Zu Geistesthaten durch dein Bild befeuert. RE: Sonette an Agnes 7 - ZaunköniG - 12.07.2024 7. Was ist Besitz? Ein wesenloses Scheinen, Ein Sinnentrug von ungewisser Dauer! Den kurzen Wahn bedroht nur größre Trauer, Wenn wir den luft'gen Schatz gesichert meinen. Denn nichts vermagst du deinem Selbst zu einen. Beschaust der Dinge Wesen du genauer: Unübersteiglich ragt der Scheidung Mauer, Den kecken Wunsch für immer zu verneinen. Von jedem Glück, wie schön es aufgegangen, Was bleibt als Kern bei unbefangner Sichtung? Einzig der Eindruck ist's, den du empfangen. Nur wenn er ganz die Seele dir durchdrungen, Ihr würd'gen Schwung zu leihn und hohe Richtung: Dann hast du wahres Eigenthum errungen. RE: Sonette an Agnes 8 - ZaunköniG - 14.07.2024 8. So bist du mein! Unlöslich eingewoben In meine Seele, klärend und gestaltend, Die stillen Knospen wunderbar entfaltend, Ein Stern des Segens gleich der Sonne droben! Fest steht mein Glück in wilder Stürme Toben, Im stetem Wechsel reinste Treue haltend, Voll ungeschwächter Schöne, nie veraltend, Kühn über Zeit und Raum emporgehoben. Was künft'ges Schicksal mag mit dir beginnen, Bannt's dich für immer fort in dunkle Ferne, Mag fremde Liebe gar dein Herz gewinnen: Mir kannst du nun und nimmer dich entreißen! In meine Nacht strahlst du, wie ew'ge Sterne Tiefgläub'gem Sinn Unsterblichkeit verheißen! RE: Sonette an Agnes 9 - ZaunköniG - 16.07.2024 9. Wohl bist du schön! In einer seltnen Stunde Hat die Natur dies Meisterwerk gedichtet, Auf dein Erblühn den steten Blick gerichtet, Daß sich an dir, was sie vermag, bekunde. Wie schmiegt sich Leib an Geist im schönsten Bunde! Wie ist vom Geist die reine Form durchlichtet! So strahlt im Bache, spiegelklar geschlichtet, Der Sonne Bild herauf vom tiefen Grunde. Wer so dich schaut in höchster Schönheitsfülle, Dem naht der Wunsch, daß ewig möge währen, Der Seele gleich nie ändernd, ihre Hülle. Ach, solchen Reiz auch wird die Zeit verwehen! Soll sich der Geist zum freisten Sein verklären, So muß die Form, die ihn beschränkt, vergehen. RE: Sonette an Agnes 10 - ZaunköniG - 05.08.2024 10. Was leiht dir solche Huld vor andern Frauen? Dies Ebenmaß, gepaart mit Wohlbewegung? Die Seel' allein, die durch der Hüll' Umhegung In jedem Zuge läßt ihr Walten schauen! Dein Aug' ist formschön unter sanften Brauen; Doch schöner durch des reinen Sinns Ausprägung, Der, fromme Weih' anhauchend jeder Regung, Den Blick beseelt mit Mild' und Gottvertrauen. Des Weibes Liebreiz quillt aus keuscher Sitte, Aus Geistesanmuth, durch die Form ergossen, Die Wonnen weckt, wohin du lenkst die Tritte. O wahre stets die engelreine Tugend, Dies reiche Herz, dem Schönen aufgeschlossen: Dann blüht dir unverwelklich Reiz und Jugend! RE: Sonette an Agnes 11 - ZaunköniG - 11.08.2024 11. Wie, wenn ein Lichtstrahl dringt durch Felsenspalten, Krystall' und Erze leuchtend sich entzünden; Wie maienregenfrisch in Thal und Gründen Sich tausend Blüthen über Nacht entfalten: So wunderreich in mir gedieh dein Walten! Ein neues Leben will den Segen künden, Der Liebe mild die Poesie verbünden Und jeden Eindruck als ein Lied gestalten. O habe Dank! Dein Zauber wirkt in Weite; Denn, auch entfernt, nie lässest du mich einsam, Als Genius mir stets zur Seite Nur Ein Gedank' an dich, da strömen Lieder; Drum sind sie wahrhaft dir und mir gemeinsam: Du hauchst sie ein, ich töne treu sie wieder. RE: Sonette an Agnes 12 - ZaunköniG - 13.08.2024 12. So lebe wohl! Mein Lied hat ausgeklungen. Mir ist so still und feierlich zu Sinne, Wie Einem, der zu reinster Gottesminne Nach schwerem Kampfe froh sich aufgeschwungen. Ein schöner Sieg, er ist auch mir gelungen: Entsagung wandelt nun sich zum Gewinne; Des reichsten Seelenfriedens werd' ich inne, Und ungetrübt aufblühn Erinnerungen. Nur geist'ge Liebe dauert unvergänglich, Weil sie des Lebens Wechsel bleibt enthoben, Und lohnt mit Wonnen still, doch überschwenglich. O schau hinauf, wo ew'ge Sterne funkeln! Sie kann Gewölk, vom Winde leicht zerstoben, Dem Blick entziehn, doch nimmermehr verdunkeln. |