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Heimweg - Ulrich Reinhardt - 29.01.2007 Heimweg Hier lieg’ ich nun, ich kann nicht tiefer fallen. Ich fühle mich, als ob mich grad der Tod erbricht. Mein Blick verschwommen, schlierig tanzt ein jedes Licht. Die Schwerkraft zieht an mir mit Teufelskrallen. Warum musst ich mich von den andern trennen? Noch immer seh ich dort die leeren Taxen stehn. Der Fahrer rief, ich soll wo anders Kotzen gehen. na gut, ich such mir einen Platz zum Pennen. Die Wartehallenbank ist endlich mein, sie standen auf und ich lieg fast allein, nur so ein Windhund, mehr ein Fell mit Knochen, leckt mir am Ohr, hat überall gerochen, ein herrenloser, oder ausgebrochen, er kommt auf meine Beine und schläft ein. RE: Heimweg - ZaunköniG - 29.01.2007 Ich habe es ja irgendwie gerochen: Ich kriege keine Rast - Die Wartebank Ist schon besetzt. - In eigenem Gestank liegt ein besoffner Penner und erbrochen liegt neben ihm sein Mahl. Nur Haut und Knochen, frißt es sein Köter gierig auf mit Dank, was Herrchen übermäßig aß und trank. Was habe ich an diesem Ort verbrochen? Ist nicht die Kälte schlimm genug heut nacht? Die Taxe fuhr mir vor der Nase weg, Ach was, ich mache mir zuviel Gedanken. Auch so genug, was mir nen Schädel macht. Es hat das Lamentieren keinen Zweck; Ich brauch mein Bett, laß uns nach hause wanken... RE: Heimweg - Sneaky - 29.01.2007 Ich brauch ein Bett, lass uns nach Hause wanken, hast auch keins? bist vom Alltag ausgebrochen? hast dir dann etwas mehr davon versprochen, als das, was es nun gibt? Komm lass den kranken, verletzten Blick,der öffnet keine Schranken nach einem Rückwärts. Friert`s dich in den Knochen, dann denk an deine vielen toten Wochen, als Fühlen dir ein Fremdwort war. Bedanken brauchst du dich nicht mehr, lass den Hut rumgehen, die freuen sich doch heimlich beim Heruntersehen auf dich und wenn sie sich dann schnell entfernen, weißt du, ob sie ein Leben für sich haben? Nun komm, was Freiheit ist, musst du noch lernen: Nichts zu verlier`n, als nur den Platz im Graben. RE: Heimweg - Ulrich Reinhardt - 29.01.2007 Nichts zu verlier'n, als nur den Platz im Graben? ein Fremder, selbst nicht nüchtern, spricht mich an. Ich merke, dass ich jetzt nur langsam hören kann, fühl' mich, wie in der Schleuder Bienenwaben. Ich soll zu ihm? Ich kann hier nichts verlieren! Den Stolz und selbst das Essen hab ich schon verlor'n. Und eiskalt, nadelspitz beisst Frost in meine Ohr'n, egal was kommt, es ist doch besser als Erfrieren. So lauf ich schwankend, aber nicht auf allen Vieren und keiner kann mir wieder auf die Hände treten, er sieht nicht aus, als könnt mir irgenwas passieren. Warum er mich aufliest? Ich hab ihn nicht gebeten, doch ich versuche noch, den Dreck der Jacke abzuschmieren, bevor wir polternd, stolpernd in das Haus eintreten. RE: Heimweg - ZaunköniG - 29.01.2007 Vom ersten kurzen Schlummer noch betreten, ich weiß nicht, was mich da geritten hatte, mach ich die Tür auf: "Zaun, du alte Latte, grüß Dich!" Unerwartet, ungebeten, mit einer Bitte bei mir abzumatten fällt mir im Überschwang fast in den Arm mein alter Saufkumpan. Zumindest warm ist meine Stube; um ihn nicht von Ratten da draußen aufzufressen lassen, laß ich ihn rein, da hatt' ich noch nicht mitbekommen, daß er heut nicht allein ist. Ganz benommen, wie ein Schluck Whisky in der Kurve, saß ich mit ihnen bald zu Tisch. Ich hab kein Glas das sauber wär, kein Bier, nur etwas Gras... RE: Heimweg - Ulrich Reinhardt - 29.01.2007 Da 's sauber wär, kein Bier nur etwas Gras den Platz zum Schlafen bietet er und ich will nur noch schlafen, doch ich stinke fürchterlich, ja, wenn ich duschen könte hier, das wäre was. Ich hör' sie laut erst, leiser, sorgvoll reden, sie haben sich wohl lange nicht gesehen. Ich frag dazwischen." Kann ich duschen gehen?" Der Fremde sagt: "Hol' noch ein Bier für jeden. Es gibt Probleme, kannst du das verstehen? Denn leider ist inzwischen Viel geschehen, der Job fast weg, mit Katrin gibt es Streit." "Na gut" denk' ich, die Tanke ist nicht weit, obwohl mein Inneres nach Bett und Dusche schreit, werd' ich noch stinkend was zu Trinken holen gehen. Werd ich, noch stinkend, was zu Trinken holen gehen! Und langsam komme ich auch gradeaus voran. Doch plötzlich stößt man mich von hinten an, vier Kahlrasierte sind es, die jetzt vor mir stehen. Sie schrei'n, dass sich die Penner in der Stütze ahlen, statt Arbeit suchen sie nur Geld vom Staat und Deutschland stirbt durch meine Missetat, durch hohe Steuern muss man meinen Suff bezahlen! Die Angst treibt mir den Alk aus allen Poren, sie stoßen mich und ich fühl' mich verloren, die Fäuste ballen sich, gleich geht es rund. Wie aus dem Nichts steht neben mir der dürre Hund. Er knurrt und bellt und plötzlich gibt es keinen Grund, mit mir zu machen , was sie erst grad' schworen. RE: Heimweg - Sneaky - 29.01.2007 Der Hund sieht seltsam aus im gelben Blaken der Natriumdampflampen, seine Augen sind wie zwei Tümpel voller Schwefellaugen. Sein Fell orangerot, dieses Knurren, Staken anstatt zu geh`n, das kalte Nebellaken, das seltsam um uns ist, man könnte meinen ein Hund der Wilden Jagd wolle sich seinen Teil Beute holen. Ich schlag einen Haken um diese fünf, und bin gleich an der Tanke. Dort kaufe ich was ich nicht kaufen sollte, zwei Bier und statt nem dritten als ein Danke ne Wurst, die ich dem Köter geben wollte. Doch der ist weg, die Glatzen mit ihm fort Bin ich noch blau, schon nüchtern? Kalt, der Ort... RE: Heimweg - Ulrich Reinhardt - 29.01.2007 Bin ich noch blau, schon nüchtern? Kalt der Ort. ich schau mich um und hör' es seltsam bellen. Ob sie wohl etwas mit dem Hund anstellen? Es wäre hundsgemein, lief ich jetzt fort. Ich bin kein Held und dort sind noch vier Mann. Sie haben den Hund in eine Toreinfahrt getrieben. Es wäre klüger, ich wär' jetzt weit fort geblieben, obwohl die Knie zittern pirsche ich mich ran. Zwei Glatzen spüren eine Flasche Bier und geh'n zu Boden, durch die Lücke kommt der Hund. Die beiden andern stehen da mit offnen Mund. Ich mach mich aus dem Staube mit dem Tier. Jetzt sind wir wieder quitt, denk ich bei mir und uns zu Trennen gibt es eigentlich kein' Grund. RE: Heimweg - ZaunköniG - 29.01.2007 Uns zu trennen gab es keinen Grund; Vergessen, was wir zu bereden hätten, begann das Dope allmählich uns zu plätten und als wir dann zu fortgeschrittner Stund Randale auf der Straße hörten, dachten wir uns nicht Böses; heit: wir dachten nicht. Die Seligkeit lag breit uns im Gesicht, was uns auch in die sinne kam: wir lachten. Es scheint, es klingelt in der Tat bei mir!? Schwer schnaufend steht der Fremde vor der Tür. "Wo seid ihr bloß so lange rumgestreunt," frag ich "wo ist das Bier?" Na, auch egal. Ne gute Story hat er allemal. "Komm setz dich erstmal, dreh dir auch 'n Joint. RE: Heimweg - Ulrich Reinhardt - 29.01.2007 Komm setz dich erst mal, dreh dir auch'n Joint, ich kenn das nicht und wills nicht kennenlernen, doch viel zu müde bin ich, um mich zu entfernen, er nahm mich Fremden auf wie einen Freund. Ich murmel was von Dusche, geh mich waschen, denn das Odeur ist sogar mir zu viel. Drei Tage treibe ich schon dieses Spiel. Ich mache Inventur in meinen Taschen. Die Beiden sind ganz glücklich anzuseh'n vielleicht sollt ich mir doch mal sowas dreh'n! Ich leg' mich auf die Couch und roll mich ein. Doch lange kann das so nicht weitergeh'n. Ich weiss nur Mittwoch ging sie fort, lies mich allein. Ist es noch Sonntag oder kann schon Montag sein? RE: Heimweg - Sneaky - 29.01.2007 Ist es noch Sonntag oder Montag schon? das habe ich zwar mal gewusst, doch jetzt ist nichts mehr wichtig, Ton in Ton sind alle Stunden gleich mit Grau durchsetzt. „Du hast mich heut das letztemal verletzt“ hat sie gesagt, nur wann? und wie?, das nicht. Als ich sie das gefragt hab, - ganz zuletzt - da ging ein Ausdruck über ihr Gesicht, den ich nicht deuten will. Novemberlicht in ihren Augen, ging sie durch die Tür, seitdem ist jeder Tag wie ein Gewicht, das ich versenken will in Schnaps und Bier. Die Kiffer spielen Oldies, Purple Haze, das waren Zeiten, Woodstock war echt heiß. RE: Heimweg - Ulrich Reinhardt - 04.05.2007 Das waren Zeiten, Woodstock war echt heiß, wir tanzten sorglos wie im Rausch durch diesen Traum. Es schien so grenzenlos, die Zeiten und der Raum, die Freiheit ahnte nicht, was man erst nachher weiß. Denn das Korsett der Alten spürten wir doch kaum! Engt Ihr euch ein, wir tanzen erstmal mit den Winden. Musik und Liebe konnte uns'ren Herzschlag finden, wir sind die Wellen, glaubten wir, doch war'n wir Schaum, der bald verflog, von ersten Stürmen fortgetragen. Die Zeit ließ Traum und Wünsche schnell verinnen. Doch manchmal gehe ich den Gittern an den Kragen. Obwohl ich weiß, ich kann auf Dauer nicht gewinnen. Das ist der Unterschied zu diesen freien, wilden Tagen, Vergangenheit lässt sich nicht später neu beginnen. |