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Der wahre Klang und Sang - ZaunköniG - 18.02.2014 1. Die Welt, sie ist nun einmal so und spricht Von Opern nur, von Sängern, Harmonien, Konzerten und dergleichen Phantasien, Und führt darüber gar ein scharf Gericht. Kräht irgendwo ein armer Notenwicht; Da klingen wunderschön die Melodien, Da darf es ihm den Mund ganz krum verzieh’n, Da ist die Welt ganz Ohr und ganz Gesicht. Der singt ihr „göttlich“, will sie vornehm wissen. Doch Gottes wahre Stimme, ganz gerecht, Nur die klingt ihr im eignen Busen schlecht. Ist auch des Herzens Harmonie zerrissen; Da spricht die Welt, da sieht, da hört sie nicht Und führt darüber gar kein scharf Gericht. RE: Der wahre Klang und Sang - ZaunköniG - 18.02.2014 2. Die Welt, sie ist nun einmal so verkehrt, Weil sie der Klangkunst heil’ge Geisterschwingen, Die laut der Sphären höh’re Ahnung klingen, So taub im vielbesaiteten Konzert Auf ernster Lebensbühne nicht bewährt Und, statt des Schalles Schale zu durchdringen Und innern Lebenskern ihm abzuringen, Der tauben Hülfe todten Kitzel ehrt. So läßt die edle Frucht man lieber liegen Und leere Spreu muß uns dafür vergnügen, Und ist die Welt jetzt doch so aufgeklärt! Wie, aufgeklärt wohl gar für Himmelsweihen? Schal sammt dem Schwall von Schallereien: Die Welt, sie ist nun einmal so verkehrt! RE: Der wahre Klang und Sang - ZaunköniG - 18.02.2014 3. (Das Herz, ein ganzes Orchester) Der Mensch mit sich ein ganz Orchester trägt. Spielt denn das Herz nicht jedes Instrument Der Trauer wie der Lust ganz excellent, Von jedes Lüftchens Hauche leicht geregt? Es flötet Hoffnungsklänge sanftbewegt. Verzweiflung brüllt den Kontrabaß und stöhnt. Der Wünsche Lusttrompete nimmt kein End’. Der Pauker Zorn rast, lärmt, schwärmt, stampft und schlägt. Dort hört die Liebe man in Tönen girren, Die nachtgespensterisch das Blut durchschwirren. Furcht spielt die Cither pianissimo. Dort brummt die dumpfe Schwermuth im Fagotte, Dort all der Narrheit mißgestimmte Rotte, Dagegen jauchzt der Freude Piccolo! RE: Der wahre Klang und Sang - ZaunköniG - 18.02.2014 4. (Tugend, der beste Kapellmeister.) Wenn in die Luft den Traum von Seligkeiten Der Wünsche Heer trompetet unerreicht, Den Busen uns mit blinder Wuth beschleicht Der Leidenschaften unharmonisch Streiten: Solch ernstes Spiel auf schwachen Herzenssaiten, Wo jeder Mißgriff der Natur so leicht Des Lebens Takt und beßte Noten streicht, Nur weiße Tugend kann es glücklich leiten. Hier zeige dich als Virtuosen mir, Und nicht auf todtem Modeinstrument! Der wahre Klang lebt nur im Herzen dir. Du singst, daß man dir Lorberkränze flicht? Du spielst, daß dich ein lauter Beifall krönt? Versing’, verspiele nur dich selber nicht! RE: Der wahre Klang und Sang - ZaunköniG - 18.02.2014 5. (Musikalische Gewissenserforschung.) Der schönste Klang, der ist ein frohes Blut, Das schuldlos in der Tugend Adern springt. Der weise Frohsinn hell wie Silber klingt, Wie Blei der Rohsinn und der Tollsucht Brut. Der höchste Klang, ist’s nicht ein hoher Muth, Den edler Ruhm und Thatenklang beschwingt Und keine schnöde Weltlust niederringt? Nur über Sternen thront das höchste Gut. Der reinste Klang? O juble, rein Gewissen! Denn nur die schwarze Herzpest knirrt und knarrt, In rohem Lust- und Lasterrost erstarrt. Der beste Klang auf ernstem Sterbekissen? Ein fromm Gemüth, vor keinem Tode bang, Das klingt so himmlischsanften Uebergang. RE: Der wahre Klang und Sang - ZaunköniG - 18.02.2014 6. O selig stirbt und singt, sein eigner Schwan, Wer Gott, den Herrn, in jedem Thatenstreben Als Echo wiederhallt und treuergeben Nur Seiner Stimme folgt auf beßrer Bahn. Nur kurzer Klang ist hier des Daseyns Wahn. Sanft wird auf Himmelsharmonien entschweben Der reine Geist zu ew’gem Klang und Leben. Ihn tragen Seraphstimmen himmelan. Dort schwelgt er goldnen Sternensaal entlang Entzückt in süßer Töne vollem Meer. Der ganze Himmel ist Ein Freudenklang. In Kreistanz hin mit rascher Schwingenmacht Rauscht rings ein tausendfaches Jubelheer, Und schöner wechselt stets der Scenen Pracht! RE: Der wahre Klang und Sang - ZaunköniG - 18.02.2014 7. Ja, Herz- und Lebensklang, stets lasterrein, Der rings die Schöpfung und selbst Gott erfreut, Du bist mir einst das schönste Sterbgeläut, Mir Wonne schallend in das Grab hinein! Zu spät und schwerer als der Leichenstein Drückt jede schnöde Lust voll Schmerz bereut, Die schmeichelnd nur Sirenenarme beut Zu sich’rem Sturz in ew’ge Schlangenpein. Ist Gottes Stimme nicht in aller Welt Die schönste nun? O ganz gewiß gefällt Sie jetzt! Gott ist wohl auch kein Ohrenhänger! Die Welt, sie ist nun einmal so und spricht: „Je nun, die Stimm’ gefällt nun einmal nicht!“ Ah so! Gott ist gewiß kein Opernsänger! |