Sonette der Verschmähten - Druckversion +- Sonett-Forum (https://sonett-archiv.com/forum) +-- Forum: Sonett-Archiv (https://sonett-archiv.com/forum/forumdisplay.php?fid=126) +--- Forum: Sonette aus germanischen Sprachen (https://sonett-archiv.com/forum/forumdisplay.php?fid=394) +---- Forum: Deutsche Sonette (https://sonett-archiv.com/forum/forumdisplay.php?fid=398) +----- Forum: Autoren Ba - Bl (https://sonett-archiv.com/forum/forumdisplay.php?fid=617) +------ Forum: Rudolf Georg Binding (https://sonett-archiv.com/forum/forumdisplay.php?fid=644) +------ Thema: Sonette der Verschmähten (/showthread.php?tid=11470) |
Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 Sonette der Verschmähten Darf einer dies mein Antlitz, das im Schmerze verschmäht zu sein in meiner Hände Meer sich weinend stürzte, wie zu schlechtem Scherze aufrichten neu zu Lächeln und Begehr? Darf einer mich, die umgestürzte Kerze die zum Erlöschen sich geneigt, so sehr noch lieben daß sein eignes Herze er ihr verbrennt? O kehr dich ab, o kehr dich von mir ab, wenn du noch lächeln willst, wenn du noch glühen willst in jungem Brennen und du verflucht nicht bist nie zu erkennen was Liebe ist! - Der du von Leben quillst: du kannst mich nicht von meinem Tode trennen. Zu still bin ich daß du mich lebend stillst. RE: Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 Dunkler Tod: - umschließt mich wieder, ihr Hände! Tränen brauchen mich nicht noch zu ertränken. Nichts bin ich. - Es spült um verlassene Lände nur ein Leib mit kalten schweren Gelenken. Törichter Leib! Was stößt du noch gegen die Wände einer verschlossenen Welt wo sich liebend verschränken Menschen mit Menschen! Daß sie dich noch einmal schände? Tiefe des Grauens - vermag sie mich nicht zu versenken? Muß ich schon wieder lockender Stimme lauschen? - süßer Stimme! o süß weil sie ruft die Glücklose. Weh! Das Unmögliche ruft um mich zu berauschen. Wie soll die Blume entblättert im wilden Gekose anderer Sonne nun zarter erblühn? - Die Rose wird mit den Hagebutten des Herbstes nicht tauschen. RE: Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 O Schmerz, ich glaubte dir du seist mir treu und würdest ewig sein. Ich war bereit für deine große stille Ewigkeit. So fern war ich schon jenseits Wunsch und Reu. Und einer kommt und alles ist wie neu und jung und gut und wie vor alter Zeit. Weil er nur ist ist alles frei und weit und alles froh weil er nur sagte: Freu dich wieder. - O mein Schmerz, ich stehe nackt und ohne Wehr im Sturme seiner Nähe. Komm, rette mich! Es hat mich angepackt. Ich sehe ihn als ob ich nichts mehr sähe. Es überströmt mich wie ein Katarakt und ist doch süß in seiner großen Jähe. RE: Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 Mich zu beglücken hob sein Lid er sanft, mich zu befrieden gab er seine Lippen kaum wie den Trank den Kelchen die am Ranft der toten Weiher kühle Wasser nippen - Bin ich so fremd daß er wie einen Gast mich in sein Leben eingehn heißt und wieder hinausgehn läßt und schon als halbe Last vergessen wird eh noch die Nacht sinkt nieder? - O Nicht! o süßes Wehren! seliges Nein! die nun aus stummer Augen Tiefe steigen: o Liebkosung, Befriedung, Brot und Wein. Ich fühle bebend den gehemmten Strom in seinem Beben. Überm heiligen Schweigen zitternder Leiber steigt der Liebe Dom. RE: Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 Soll ich glauben mir daß ich es bin die er weckt und aus dem Grabe löste? Seine Hand hob zärtlich kaum mein Kinn daß mein Auge sich in seinem tröste. Und schon zittert in der fremden Macht seiner Liebe er der nie gezittert. Er erschauert der mein Herz bewacht nun vom letzten Heiligsten umwittert. Der da stand noch männlichsten Gewichts knieet nun vor meinem Leib der - nichts eben noch als ein Gefäß des Schmerzes - aufersteht als Rächer des Gerichts. Doch im Schatten meines Angesichts schlägt sein Herz an meinem - und ich herz' es. RE: Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 O daß nun Freude ist was mich zerbrach! Daß Jubel ist was gestern noch als Schmach verhüllt sich in ein wehes Herz verbarg! Daß Tempel ist was eben noch war Sarg! Daß ich dem Schmerz der Tage lächle nach wie man sich Kindliches verzeiht! Daß brach ich bin für Schmerz die so viel Schmerzen barg. es ist zu reich was ist. Ich bin zu karg. Und all dies ist weil er es so begehrte; weil er in Liebe mir den Tod verkehrte; weil seines Herzens Glut den Funken wahrt. Wie stark ist dieses Herz daß es gebietet der Liebe und dem Tod und beide nietet in einem Leib -: wie stark ist es - und zart. RE: Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 Die zu weihen liebend er gedacht hat hebend sie vom Grund mit guten Händen: niemals werden nun die Brände enden in dem Leib den sehnend er entfacht hat. Von den Stürmen meines Glücks umfangen steh ich taumelnd in den heiligen Flammen seiner Küsse und in eins zusammen stürzt die Weihe, stürzt das Neu-Verlangen. Die in Scham und Schmach so tief verwirrt ist, die in seinem Kuß so tief verirrt ist wie in Ewiges -: ich brenne dehne mich zu endlosem Sich-ihm-Verschwenden. Wie soll dies Unendliche je enden da ich ewig ihn unendlich sehne? RE: Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 O ihr Blumen, lehrt mich blühen die ihr scheu zum Lichte drängt daß mich nicht im Kaumerglühen erster Schrei des Kelchs zersprengt. Ein ohnmächtig keuschbemühen flammt dem Kusse beigemengt da schon bebend mich in frühen Schaudern fremde Glut versengt. Er nur kühlt mich - zart umnachtend zart umschattend die verschmachtend ihm verging und ihm verglüht, und aus tief verwehten Wächten blühe ich in Tag und Nächten hin für ihn wie ihr erblüht. RE: Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 Über mein Lächeln geneigt geh ich durch sterbenden Park. Sehnsucht die irrende schweigt: Nur noch die Liebe ist stark. In meiner süßesten Gruft in meinem heimlichen Mark ruht noch von Küssen ein Duft wie von dem Sommer im Park. Weil mich die Liebe verstieß darf ich in seiner nun ruhn selig ein keimender Kern. Wenn auch sein Arm mich entließ hält mich sein Atem doch nun wie eine Sonne den Stern. RE: Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 Einst war ich nur ein ungetanzter Tanz, ein nie gesungen Lied, erstickter Klang und halber Atemzug. O weher Kranz den man auf meine junge Stirne zwang. Nun bin ich alles: Tanz und Klang und Sinn und tiefer Atem, Lied das froh sich hebt; und weiß: ich bin durch ihn nur was ich bin und starb um dies und hab um dies gelebt. Mit solchen Kronen krönt er mein Geschick. Er ist durch sich. Ich kann nicht gleiches geben. Doch wenn ich einst, noch flammenden Gesichts, mir auch gestehen müßte daß ich nichts ihm war als nur ein flücht’ger Augenblick – er war ja doch mein ganzes junges Leben. RE: Sonette der Verschmähten - ZaunköniG - 01.02.2014 Unzerstörbar steigt das Vergängliche auf. Ohne Trauer fällt die Fontäne zum Spiegel den sie aufjauchzend verließ; und der Ewigkeit Siegel ruht auf allem was blüht in sich endendem Lauf. Lerchengesang und fliehender Vögel Heer Löwen so fern und nächtiger Eulenschrei lassen mich nicht und kommen und gehen vorbei voll des Ewigen und des Vergänglichen leer. Voller glühen die Tage. In Nächten verweht nicht der Abschied des Lichts. In Lächeln nur weinen Augen noch heimlich der Tränen die sie vergossen. Er der Niegekommene kam. Und er geht leicht um wiederzukehren: daß in dem einen Selig-Umarmen sei das Vergehen beschlossen. |