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Die Erwartung - ZaunköniG - 31.12.2013 Die Erwartung Ich schloß die Augen. Und ich ward erhoben Dir immer ferner auf in Äthergrenzen, Das Dunkel hing in langen blauen Kränzen Mit schattenvioletten dicht verwoben. Da unter mir tief sah ich deine Welt: Von glühndem gelbem weißgebräuntem Sande, Der tausendfach kristalleglitzernd brannte, Schien sie ein unermeßlich leuchtend Feld. Und deine Blumen wuchsen überall, Hellgrüne Stengel aus hellbrauner erde, Doch ohne Blätter, Blüten nur und Blüten. Und wieder sank ich, süß in Schlafesfall Zu jener Helle, daß erwarten werde, Des Dunkels Kränze lichter mich behüten. RE: Die Erwartung - ZaunköniG - 31.12.2013 Am nachtgehöhlten Himmel endlos widerhallen Der weißen Stille schauerleuchtende Triolen, Von deinen Bergen kommt ein Singen her in hohlen Klagen zu mir, die lange schweben und verfallen. Und alle verdunsten in stehenden Läufen nach oben entflohen, Die schwachen, sie mußten oft sich ausruhn auf den Lüften, Gejagt in Schrecken aus der Wiese schwarzen Grüften, In denen hart der Erde Rhythmen pochen und drohen. Da strömt der Regen, aufstreichend in mächtigen reinen Quinten, Bässe schütten dröhnend zusammen und ziehen In braunen Schallen, die sich auf die Ebne breiten, Und Flöten überhöhen sich in Glück und Weinen – Doch unter Tosen leis um alle Büsche weiten Sich deiner Nähe rein erblaunde Harmonieen. RE: Die Erwartung - ZaunköniG - 31.12.2013 Die konzentrischen Kreise Hoher Gedanken edel blicken meine Augen auf Und weiten ihr Gefühl zu einem Kreise, Und nun ermüdend schlossen sie sich leise Zu engem Kreis, der jenem folgt in liebevollem Lauf. Planetengleich der große Ring füllt sich von stolzen Dolden Verklärt in deiner Himmel Heiligtumen, Wohl sinken fern die Schatten süß der Blumen, Doch ihre nahen Zweige glänzen fieberhaft und golden. Wohin, wohin? Das überblühende Quellen und Blinken Zerfasert meiner Sehnsucht hartgeschlossne Ringe, Wo Frieden solchen Strahlens brennendem Gefunkel? Wuchert den Himmel über; Aug und Abend sinken. Und lasset ab, daß euch in Schlummer weich und Dunkel Kreisende Dämmrung tausendfach verschlinge. RE: Die Erwartung - ZaunköniG - 31.12.2013 Ich bin dir fern. Unendlich aus der Ebne Sänden Von Gräbern Läuten steigt und gelber Nebel auf, Ein großes Volk von Menschen taumelt verschwommen zuhauf, Heben die Arme alle mit blutenden Händen. Doch du, o Hohe, stolz willst du die bösen Lodernden Nöte mir zu Schönem krönen, Von oben dröhnt dein volles Orgeltönen Dem Hohn der Glocken drohend und Erlösen. Es schwebt im Dunst ein Ball von weißer Luft erblauend Wie Lächeln deiner Zähne, bist du mir so nah? Ein Priester steht darin, vom Gotte den er sah, Wie meine Liebe dir, erhaben und ergeben, Und senkt, da all die Arme um ihn heben, Die seinen langsam, in die Ferne schauend. RE: Die Erwartung - ZaunköniG - 31.12.2013 Die Fenster In meinen Fenstern stehn in Glasesschein Der Nacht haltlose Türme stumm hinan, Und sind sich dennoch nah, und sehn mich an So nah wie ich sie seh: ich bin allein. So fühl ich meine Hände; hier ist was ich bin, Und alle Schuld und Leben das einst war; Da durch der Türme netztgewirktes Haar Erscheint mir schauernd: morgen, des nahenden Sinn. Wie eine Blüte aus des Samens Schreiten Hervortritt und wird rote Kronen tragen Und voll ist und so schön, Vor mir wie vor schuldlosem König breiten Wird sich das Land und hell sein und voll Tagen Über unendlichen Höhn. RE: Die Erwartung - ZaunköniG - 31.12.2013 Ich ahne Töne, die in Trillern bangen Und wieder süß verschweben lang genossen, Und Lächeln, ach viel Lächeln, so vergossen Wie Blumen, die vor Spiegeln niederhangen, Und Myrthenzweige, die im Schoße ruhen Auf gelbem Tuche hell wie Jugendreigen, Und Hände, die sie heben und die schweigen Und sie verbergen in den Duft von Truhen, Und Bässe, die in Jubelmärschen dröhnen, Und Flöten, die vor lauter Freude weinen – Die Luft betört ist ganz von Glück erklungen. O laßt nicht ab berauschend so zu tönen; Wir sind so jung, und singt es nicht Vereinen? Ihr meine Träume, haltet SIE umschlungen. RE: Die Erwartung - ZaunköniG - 31.12.2013 Morgendämmern Still. In der Nacht ein Kirchenbogen ist erglommen, Erwarten – wie vor Menschen, die zur Kanzel treten, Erhob er sich – ich werd dich morgen sehn – sie beten Selig: „Fürchtet euch nicht! Ihr werdet zu mir kommen.“ O Qual, o süß. Und von des Bogens Rändern biegen Sich Degen himmelan – ja Erde und Sieg mein Denken – Die schlank sich dehnen und vor ihm zusammen senken Und bleich in einen schmalen Streif von Dämmrung schmiegen. Und hier die Blumen. Träumt ich nicht von Kelchesbogen? Für dich sind sie gekauft. Daß ich an euch gedacht, Ihr frohn im Fenster, lieben, stillt ihr meine Not? Ach still wird sie wie ihr, ihr Blüten in der Nacht, Das Dunkel ist von eurer Farbe Duft durchzogen Wie von des kommenden Tages seligem Morgenrot. RE: Die Erwartung - ZaunköniG - 31.12.2013 Der ungeheure Abend graut im Flachgelände Wie himmelhohe leerverlassne Tempelwände, Wie Atem eisger raucherstarrter grauer Brände, Wie wahnsinntotes Leid, nachtwandlerische Hände, Wie böser Augen Fluch, wie Haß, der nie sich ende, Ein Ton, der hohl in Ewigkeit kein Echo fände, Der letzte Mensch, dem niemand mehr zu Seiten stände, Wie Gegenwart, die ohne Sinn sich selbst verschwende. Doch aus dem unbegenzten Nebel will sich ballen Ein Baum, so grün wie Gartenzäune, die nur kaum Ein Kind an Sonnenmorgen könnte überschauen. So scharf wie seeluft grünt der Blätter jung Vertrauen, Weiß wird er blühn in glühndem Glanze. Unser Baum. Im Traume läßt er Blüten in den Nebel fallen. RE: Die Erwartung - ZaunköniG - 31.12.2013 Die Engel Die Lider beschweren mit Süße und langsam verschließen Sie silbern die Töne der Stille, die niemals sich neigen, Die sind wie der gleitenden Zeiten begleitende Geigen, Und leiten und halten in Glück das stete Zerfließen, Da will in Verklärung ein himmlischer Nebel sich ballen Nah sind seine Maschen in blendender Weiße zu schauen, Und tiefer vertieft sich die Farbe zum Fleische von Frauen - : Gewänder, die Füße von riesigen Engeln umwallen. Sie streuen Blumen. Sie singen und alle sind Schwestern, Ein Leuchten heilig wie Zorn entstrahlt ihrem Munde, Da auf mich ihre Augen, ihr glühendes Singen sie wenden. Es quillt meine seligkeit auf wie Ton von Orchestern, Es gleitet meiner Harfen Glück zu dir in dieser Stunde Von Bässen donnernd hinan zu Geigen, die es enden. RE: Die Erwartung - ZaunköniG - 31.12.2013 Blaß blendete und kalt das Morgennahen Aus des vergangnen Regens breiten Lachen Weiß, wie wir glänzen unsre Augen sahen, Da unsre Blicke ineinander brachen. Des Giebels Dunkel hob sich in die Blässe, Der Säulen Ströme krönten Kapitäle, Erhaben gleich der Macht der frühen Messe In Altarschweigen der gekrönten Seele. Gefaltet deine linke war voll Ruhe In meine rechte Hand, und war ein Beten Und Glücksein vor dem morgenlicht, und war, Als sollten neu wir binden unsre Schuhe, Daß wir von nun mit festern Schritten treten Durch unser Leben, stark und freudeklar. |