Sonett-Forum

Normale Version: H. Coleridge: Second Nuptials
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Second Nuptials

There is no jealousy in realms above:
The spirit, purified from earthly strain,
And knowing that is earthly loss was gain,
Transfers its property in earthly love

(Though love it was she does not yet reprove)
To her by Heaven appointed to sustain
The honored matron’s part; to bear the pain,
The joy, the duty, all things that behoove

A Christian wedded. She that dwells on high
May be a guardian angel to the wife
That her good husband chooses to supply

Her place, vacated in the noon of life;
With holy gladness may support the bride
Through happy cares, to her by death denied.




Zweite Ehe

Die Eifersucht ist fremd den höh’ren Sphären;
von Erdenzwängen ist ihr Geist befreit.
Verlust im Hier ist dort Gewinn, so weit
gereift, kann sie ihr Erdenglück gewähren

(Ob es auch Liebe war, sie zweifelt nicht)
Und legt ihr ihre Himmelsmacht ins Herz,
die Frau zu stärken; zu gebär’n den Schmerz,
Die Freude, und zu jeder Christenpflicht,

die einer Ehefrau obliegt. Sie schaut
als Engel gütig auf das neue Weib,
das ihr Gemahl als neue Freundin nahm,

die auf den Thron, den lang verwaisten kam.
Vertrauensselig trage diese Braut
zu ihr die Sorgen um den Erdenleib.
Hallo Zaunkönig,
ein interessantes Sonett, das ich aber von der Formulierung her (auch schon im Original) etwas verwirrend finde.
Man sollte es also vielleicht zunächst etwas unter die Lupe nehmen.

"It" im ersten Quartett bezieht sich meiner Ansicht nach eindeutig auf den Geist/spirit, nicht etwa auf die Eifersucht. Und es ist wiederum der Geist, der (nach dem Tod) von den Erdenzwängen befreit ist. Das ist in deiner Version irgendwie umgekehrt, denn 'ihr Geist' kann sich ja nur auf die Eifersucht beziehen.

Die in Klammern gesetzte Zeile 5 des Originals ist mir nicht so ganz klar: Obwohl es Liebe war, tadelt/missbilligt sie nicht? 'She' ist hier nun wohl die erste Frau, und vermutlich missbilligt sie nicht, dass sie bereits ersetzt wurde, oder? Dagegen überträgt sie nun ihren Anteil an irdischer Liebe großzügig auf die zweite Frau, der vom Himmel die Rolle der Matrone zugewiesen wurde. Dieses 'her' ist aber meiner Meinung nach das einzige Mal, dass die 2. Frau damit gemeint ist. Und das finde ich insgesamt etwas verwirrend. Du hast derartige Sprünge ja bei den anderen Sonettisten dieses Forums auch schon mitunter moniert.

Im letzten Terzett bist du meiner Ansicht nach dann aber etwas auf Abwege geraten. Ich glaube nicht, dass der Thron "lang verwaist" war, sondern dass sie ihn bereits mittags (also sehr vorzeitig, d.h. in jungem Alter, hat verlassen müssen. Und nun kann sie mit heiliger Freude als Schutzengel die neue Braut bei den Freuden unterstützen, die ihr vom Tode vorenthalten wurden.
Diese letzten Zeilen solltest du unbedingt noch mal überarbeiten, und dann den Anfang wohl auch noch mal anschauen. Vermutlich ist das eine ältere Übersetzung, oder? Aber sie bietet zumindest ein tragfähiges Gerüst, das du sicher schnell zurechtbiegen kannst.

LG Silja
Hallo Silja,

du hast recht, es ist eine etwas ältere Übersetzung. Leider konnte ich die Verwirrung des Originals auch in meiner Fassung nicht auflösen. In der Interpretation des Originals sind wir uns aber einig.

So beziehe ich "ihr Geist" auf den Geist oder besser die Seele der ersten Frau. Da sie namentlich erst später eingeführt wird, muß das wahrscheinlich mißverstanden werden. Mal schauen, was sich dort machen läßt, ich denke aber daß Coleridge vor allem die erste Frau im Blick hatte, als er den Text schrieb, bzw die unausgesprochene Frage des Mannes, ob er seiner verstorbenen Frau vielleicht Unrecht tut, wenn er sich neu bindet.

Ähnlich im Schlußteil. "Lang verwaist" meint, daß er lange Zeit allein war, bis er sich für eine neue Frau öffnete, also eine angemessene Trauerzeit lebte. Ich sehe das nicht unbedingt als Widerspruch zu deiner Lesart, aber man kann wohl noch näher dran kommen.

LG ZaunköniG
Hallo Silja,

Die Eifersucht als weibliches Substantiv habe ich ersetzt. Ich hoffe, daß die Bezüge nun deutlicher sind. Im Schlußteil habe ich den lang verwaisten Thron durch einen früh verwaisten ersetzt. Mit der Madonna bin ich noch nicht ganz zufrieden...

LG ZaunköniG


Zweite Ehe

Man ist nicht neidisch in den höh’ren Sphären;
von Erdenzwängen ist der Geist befreit.
Verlust im Hier ist dort Gewinn, so weit
gereift, kann sie der Neuen Glück gewähren

(Ob es auch Liebe war? sie zweifelt nicht.)
die neue Frau mit dem Madonnenherz
zu stärken; die gebären wrd den Schmerz,
die Freude, und die jede Christenpflicht,

der Ehefrau erfüllt. Als Engel schaut
sie gütig aus dem Himmel auf das Weib,
das ihr Gemahl als neue Freundin nahm,

die auf den Thron, den früh verwaisten kam.
und sorgt sich um das junge Glück der Braut,
das ihr durch frühen Tod verweigert bleibt.