Sonett-Forum

Normale Version: Heinrich Breling: Der Witwer
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Heinrich Breling
1849 Burgdorf - 1914 Fischerhude


[attachment=427]


Der Witwer
(1906)
gesehen im Museum August Kestner, Hannover


Das letzte Abendlicht ist bald verglommen
und dichte Schatten lagern sich schon schwer
und überall herrscht Stille, denn der Herr
hat es gegeben und er hat's genommen.

Das Einverständnis stellt sich noch nicht ein;
Wie er den Willen dazu auch bekräftigt;
Die Hände sind zu sehr mit sich beschäftigt.
Gebete wollen nicht gelingen. - Nein.

Es nutzt ja nichts. Er will auch nicht hinein,
die fahle Haut, den leeren Leib beweinen.

Und doch: Natürlich bleibt die Türe offen.
Natürlich brennt ein Licht. Man weiß ja nie.

Vielleicht, - er muss es ja nun irgendwie,
gelingt ihm doch zu glauben und zu hoffen.


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Heinrich Breling
1849 Burgdorf - 1914 Fischerhude

[attachment=428]


Die Tochter

Gefühle hattest du mir stets verhehlt;
nun weiß ich nicht, was ich dir sagen soll.
mein Beileid? - Bin doch selbst des Leides voll.
Was glaubst Du? Dass sie mir nicht auch so fehlt?

Ich weiß: Nach Reden ist dir nicht zumut.
Das war es nie. Die Stille will mich lähmen.
Zumindest einmal meine Hand zu nehmen:
es machte dieses Schweigen wieder gut.

Dies Schweigen wird sich eines Tages rächen!
Verzeih! - ich habe es nicht so gemeint.
Ich hab ja selber nie gelernt zu sprechen.

Vielleicht ist's doch dies Schweigen, dass uns eint.
Dem schweren Tag folgt eine schwere Nacht.
Vielleicht ist Reden gar nicht angebracht.



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