Sonett-Forum

Normale Version: Des Nachts
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Des Nachts


Des Nachts erscheinst du mir mit einem Schleier
und Tags darauf verbleibt ein leises Wehn;
ich spür dich fordernd im Zenite stehn -
du taust mein Lächeln wie den dunklen Weiher,

der Unken einlädt, an den Rand des Eises,
sich aufzuwärmen vor dem Silberreiher,
der lieber wartet auf den Schwarzen Freier
als Gift zu kosten. Ja, fürwahr, ich weiß es.

Oh, Leben, streich mit schwerer Hand die Leier,
die ich allein dir halte! Komm und lehn
dich an, an mich - nimm Kraft genug von mir!

Ein Freund wird gehn. Komm lass ihn länger hier;
ich brenne meines schneller ab zur Feier,
begleit mich - aber lass sein Licht bestehn.

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Hallo Alcedo,

das gefällt mir sehr gut, vor allem das an sich unübliche Reimschema das sich über die Quartette weg in den Terzinen fortsetzt mag ich . Was mir weiter gut gefällt ist der "schräge" Eises / weiß es Reim. Das hat was.

Was mir weniger gefällt sind die Verkürzungen, die du gewählt hast. Das ist abe weniger eine Kritik als eine Geschmäcklichkeit. Ich hab dir trotzdem mal ins Handwerk gepfuscht und es so umgeschrieben, wie es mir und meinem Ohr (noch) besser gefallen würde:

Des Nachts nahst du dich eingehüllt in Schleier,
von denen bleibt des Tags nur leises Wehen,
ich spüre im Zenith dich fordernd stehen –
du taust mein Lächeln gleich dem dunklen Weiher

der Unken einlädt - dort, am Rand des Eises
sich aufzuwärmen vor dem Silberreiher.
Der wartet lieber auf den schwarzen Freier,
als Gift zu kosten. Ja, fürwahr, ich weiß es.

Schlag, Leben, nur mit schwere Hand die Leier,
die ich allein dir halte! Komm und lehne
dich an, nimm Kraft soviel du willst von mir!.

Ein Freund soll gehen! Lass ihn länger hier,
mein Leben brenne jäher auf zur Feier,
begleite mich – sein Licht soll fortbestehen.
(20.06.2016, 13:33)sneaky schrieb: [ -> ]Des Nachts nahst du dich eingehüllt in Schleier,
von denen bleibt des Tags nur leises Wehen,
ich spüre im Zenith dich fordernd stehen –
du taust mein Lächeln gleich dem dunklen Weiher

der Unken einlädt - dort, am Rand des Eises
sich aufzuwärmen vor dem Silberreiher.
Der wartet lieber auf den schwarzen Freier,
als Gift zu kosten. Ja, fürwahr, ich weiß es.

Schlag, Leben, nur mit schwere Hand die Leier,
die ich allein dir halte! Komm und lehne
dich an, nimm Kraft soviel du willst von mir!.

Ein Freund soll gehen! Lass ihn länger hier,
mein Leben brenne jäher auf zur Feier,
begleite mich – sein Licht soll fortbestehen.
hallo Sneaker

es freut mich sehr, dass du es als Sonett anerkennst, obwohl ich hier mit A- und B-Reim (und mit B auch Binnen-) die strenge Form bewusst durchstosse. habe mich da klanglich von Villanelle, Terzanelle, Rondell oder Ritornell inspirieren lassen.

die stumpfen Kadenzen, samt Elisionen, denke ich, brauche ich hier um Monotonie zu verhindern. ich befürchte es kommt ins Leiern, wenn ich's durchgehend umbaue auf weibliche Endungen. zumal ich "Leier" ja auch noch explizit in den Reimlettern bringe.

so wies jetzt dasteht, so glaube ich, helfen mir die Verknappungen auch insgesamt parataktischer zu werden. also knapper & abgehackter. den Schwingungsaufbau hin zu klanglicher Monotonie versuchte ich unbedingt zu verhindern, deshalb Elisionen & Parataxe.

deine Version habe ich wiederholt fokussiert gelesen und meiner Inneren Lesestimme zugehört (ich lese nie laut für mich). es bestätigte sich mir, vor allem gegen Ende hin, in den Terzinen, die befürchtete Monotonie. weißt du noch, wie Du bei deinem High Flight die stumpfe Kadenz bei einer einzigen Reimpaarung nur aufgebrochen hast? und was für ein Ohrwurm draus wurde? ich bin versucht hier ähnliches zu versuchen nur umgekehrt: Weiblich mich Männlich zu mildern in den Kadenzen / Asymetrie reinzubringen / Synkopen / Zäsuren. ich hoffe ich will nicht wieder zu viel.

dein ausgeschriebenes Begleiten in der letzten Zeile hat mich gefesselt. ich denke das werde ich übernehmen. das „jäher“ fand ich auch schön, neu und interessant.
auch deine Zenit-Zeile gefällt mir spontan. das e am Ende des Wortes störte dich wohl, nehme ich an. das h ist zwar orthografisch nicht korrekt, aber mir gefällt die grammatikalische Konstruktion: da werde ich wohl auch noch einhaken. Vielen Dank!

Gruß
Alcedo