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Normale Version: Aus >Die Geschwister von Neapel< (2)
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Aus >Die Geschwister von Neapel<

So voll war ich von innerem Gesange,
Als mich der Morgen aus der Finsternis
Ins Leben und zum offnen Fenster riß,
Daß ich im Blau mir Aug wusch, Haar und Wange.

Kaum könnt ich wehren meinem Überschwange,
Wie sehr ich auch verständig mich befliß.
Das Werk des Tages tat ich ungewiß,
Weil ich so reich war und vor Reichtum bange.

Doch als die Stunde kam, die Frucht zu sammeln,
Da wehte ein Befehl von oben her,
Um alle meine Türen zu verrammeln.

So leer wie ich war keine Wüste leer.
Aus meinem Munde drang ein schweres Stammeln,
Und dieses auch verstummt nun mehr und mehr.

...

- - -

...

Die Avenue ihr Luxus-Licht verschwendet.
Doch setz ich in die Armenstadt den Fuß,
Empfängt Verfall mich, Schmutz und Spülicht-Guß.
Dort liegt ein Maultier, tot, noch kaum verendet.

Vom Urwald aber, witternd hergewendet,
Ein Volk von Geiern schwelgt, von Urubus,
Und hackt und prackt das Mahl zu rotem Mus,
Stets rückwärts hüpfend, wie vom Werk geblendet.

Ein Bild des heißen Alltags nur! Wer las es?
Und welcher Sinn ist dunkel eingestiftet
In dieses Vorgangs grausige Charade?

Ich weiß nicht. Doch, vom Leichengift vergiftet,
Ergreift den Geist aus dieser Welt des Aases
Ein großes Heimweh nach der Welt der Gnade.