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Normale Version: Tiedge, Christoph August: Auf Körners Tod
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Christph August Tiedge
1752 – 1841

                                   
Sonette auf Körners Tod

I.


Hoch prangte schon der Stamm der jungen Eiche,
Wohl festlich schwebt’ um ihn das junge Grün;
Und anmutreich, und kräftiglich und kühn
Hob er sein Haupt empor zum Wolkenreiche.

Es sollte Herrliches an ihm erblühn
Und Großes: darum drang der Kronenreiche
So schnell hervor aus allem Waldgesträuche.
Melodisch tönte das bewegte Grün

Wie Liebeshauch; und seine Zweige klangen,
Als hätt Apoll, der Musengott und Held,
An dies Gezweig die Leyer aufgehangen.

Doch ach! er sank! – Ein Sturm hat ihn gefällt. –
Mein Jüngling sank, zu früh vom Tod umfangen,
Im Jugendkranz, ein Sänger und ein Held.


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II.

Wo habt ihr meinen Jüngling hin begraben?
Bezeichnet mir zu seiner Gruft den Pfad.
Er schlaf’ im Nachhall seiner Liedergaben,
Im Nachglanz seiner schönsten Heldentat.

Sein Herz war groß, sein freier Geist erhaben,
Sein Leben Wechselklang von Lied und Tat.
Bezeichnet mir zu seiner Gruft den Pfad!
Wo habt ihr meinen Jüngling hin begraben?

„Der Jüngling schlummert, wo das Waffenfeld
Des edlen Blutes viel, ach viel verschlungen.“
Da werde deinem Geiste, junger Held,

Das letzte Lied, das deiner Harf’ entklungen:
„Du segne mich, o Vater!“) nachgesungen;
Dies war Dein Gruß in einer stillern Welt.


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