Der Ritter
I.
In die dunkle Schlucht bin ich verschlagen,
Pferd und Hund, sie wittern Spuk und Grauen.
Darf ich hier noch meiner Lanze trauen
Und getrost Visier und Panzer tragen?
Frühlicht tagte wie zu allen Tagen,
Arglos trabt' ich durch beglänzte Auen
Hoch am Mittag. Doch hier unten brauen
Braune Dunstgespenster, mich zu jagen.
Wen denn spüre ich zu meiner Rechten?
Wer denn atmet her mit kühlem Hauche,
Schaut mit fremdem Auge aus dem Strauche?
Und von rückwärts wer mit falschem Schleichen
Schreitet tückisch an des Pferdes Weichen,
Willens mich zu fangen und zu knechten?
II.
Finster schweift es, wie um Sarg und Grüfte,
Trüb gespenstisch weiß ich mich umlauert,
Schwül umzwinkert, eingekreist, umkauert,
Und mein Schwert, es rostet an der Hüfte.
War ich nicht der heitre Vielgeprüfte?
Hab' ich alle Not nicht überdauert?
Hat den Leib mir zage Furcht durchschauert
Je bei Kampf und Pfad durch schwarze Schlüfte?
Aber heut und hier ist's arg zu weilen.
Wer denn seid ihr, fahle Weggesellen,
Zauberische, die mich dicht umstellen?
Totenschädel rollen uns zu Füßen,
Molche springen geil, uns zu begrüßen.
Auf, mein Pferd, mein Hund, wir müssen eilen.
.
Der Tod
Du kennst mich, und doch fragst du, wer ich bin.
Du willst mich fliehn und bist mir doch verfallen.
Gelüstet's mich, mit deinen Waffen allen
Raff' ich als Beute heute noch dich hin.
In mich zu münden, ist des Lebens Sinn,
Mir zuzuwelken, Schicksal alles prallen
Und starken Fleisches. Panzer, Ketten, Schnallen
Nicht wehren mir den fälligen Gewinn.
Ich werde dich in meinen Armen halten
Wie eine Mutter, die des Kindleins pflegt,
Wie eine Braut, die ihren Liebsten hegt.
Das Nicht-Sein ist mein sternlos stilles Reich.
Darin vergeht, zerwehtem Nebel gleich,
Der Erdentraum der Farben und Gestalten.
Der Teufel
I.
Ich schreite in betäubendem Geruche.
Drei Schritte schreit' ich hinter einem jeden.
Es tut mir not nicht, lautes Wort zu reden, –
Mein Anhauch schon gereicht zu Fall und Fluche.
Denn wer mich wittert, fühlt sich umgewendet,
Und wer mich spürt, geht als ein Fremder weiter.
Mein bloßes Nah-Sein hat die stärksten Reiter
Mit kranker Botschaft in die Welt gesendet.
Mein Dunstkreis schwängert mit den schwersten Giften
Die Atemluft der Ahnungslosen. Keiner
Entkam mir wieder nach gesunden Triften,
Den ich umhüllt' mit meinem Nachtgestanke.
Und keiner ward gerettet als ein Reiner,
Den ich verfolgt' an seines Pferdes Flanke.
II.
Drum, Ritter, bist du mein mit Haut und Haar.
Von meinem Wesen magisch angezogen,
Bist du in meine Fährte eingebogen,
Weil ich seit je in deinem Blute war.
So häßlich, wie ich bin, bist bald auch du,
Der Stadt am Berg bist ewig du verloren,
Du reitest nächtig aufgetanen Toren,
Entsetzensvollen, ohne Rettung zu.
Der Bruder dort auf seiner Knochenmähre,
Der wackre Knecht, das Stundenglas in Händen,
Bald lockt er dich auf seine feuchte Fähre.
Er setzt dich über mit Gewalt und List,
Er weiß dein Enden schlau mir zuzuwenden,
Als der getreue Scherge, der er ist.
Der Tod
I.
Wohl bin ich Scherge, doch dein Scherge nicht,
Wohl bin ich Knecht, jedoch in andrem Dienste,
Wohl bin ich hart, doch dir nicht zum Gewinste,
Denn größ'rem Meister leist' ich Fergenpflicht.
Durch dunkle Flut in unverhofftes Licht
Hin fährt mein Nachen. Deine Truggespinste,
Dein Lachen, das die Erde übergrinste,
Wie bleichen sie vor jenem Angesicht,
Das überm Meer des Nicht-Seins, überm Tod
Wie Schneegebirg' sich auftut, Anbeginn
Der wahren Welt. Mein armes Fergenboot,
Zu dessen Dienst ich schlechter Knecht geheuert,
Das randvoll schwankend durch die Urnacht steuert,
Es gleitet dennoch gegen Morgen hin.
.
II.
Das Nicht-Sein ist mein sternlos stilles Reich,
Ist Wasserflut, an zweien Ufern brandend,
So Sein wie Wieder-Sein von fern umrandend,
Ist selber schattenhaft und algenbleich.
Doch es vergeht, zerwehtem Nebel gleich,
Das Zwischenreich, wenn meine Schiffe landend,
Am Fuß des Gott-Gebirges selig strandend
Hinspei'n das Totenvolk auf Bucht und Deich.
Nun hebt ein neugebornes Wandern an,
Ein Steigen, Staunen, Schauen, Schweifen, Reifen,
Herzklopfend Innewerden und Begreifen.
Was jeder ahnte, wird ihm aufgetan.
Der Ferge aber wendet stumm den Kahn
Und kehrt zurück zum alten Küstenstreifen.
Der Ritter
Auf, mein Pferd, mein Hund, wir müssen eilen.
Rücklings stürzt mich sonst auf den verseuchten
Schluchtengrund die Gier der aufgescheuchten
Nachtdämonen, rasch den Raub zu teilen.
Hohlwegs Ende blaut, und in den steilen
Schieferwänden spiegelt, in den feuchten,
Abendsonnenrot, und Sterne leuchten
Früh und blaß, den grausen Spuk zu heilen.
Ritter reitet, stetig vorwärtsschauend,
Lautern Wesens starkem Mark vertrauend.
Reiner Ritter wird die Welt gewinnen.
Die ihn fällen wollte, elbisch grauend,
Teufelsbrut, der Ritter schlägt sie, innen.
Reiner Ritter wird dem Tod entrinnen.