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Normale Version: Lorm, Hieronymus: Briefwechsel
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Hieronymus Lorm
1821 - 1902


Briefwechsel

I.
Er schreibt:


Jetzt, da mein Leben schon zerstört, verwittert,
Bist du, ein Licht des Friedens, mir erschienen,
Wie auf in Staub zerfallende Ruinen
Ein bleicher Mondesstrahl versöhnend zittert.

Wie oft ist meine Seligkeit zersplittert
An blöden Herzen schnellbethörter Phrynen,
Bis mir mit deinen wunderbaren Mienen
Ein Himmel ward, den Zweifel nicht verbittert.

Ich liebe dich! Mit schmerzlicher Geberde
Erheb' ich segnend über dich die Hände,
Ich fühl's, wie bald ich dir entfliehen werde.

Erhörung fleht das Wort nicht, das ich sende,
Nur wissen sollst du, Herrlichste der Erde,
Daß du der Trost in einem Menschenende.


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II.
Sie schreibt:


Umhüllt vom reichsten Glanz, wie bin ich elend!
Wie schmerzt mein Haupt, gedrückt vom Diademe!
Indeß ich gern der Hirtin Kränze nähme,
Des Dorfes stillen Frieden mir erwählend.

Zur Seite geht mir, meine Thränen zählend,
Ein Mann, für den ich kaum den Haß bezähme,
Indeß ich gern zu dir mit Schätzen käme,
Mein todtes Glück durch deine Lieb' beseelend.

Und dennoch, laß' uns muthig weiter leben!
Uns eint ein Schmerz, ob Alles sonst uns trennt.
Laß' von der Lieb' Bewußtsein uns umweben!

Wie weit der Stern auch von der Blume brennt,
Ist ihm der Strahl und ihr der Duft gegeben
Zum heimlichen Verkehr, den Gott nur kennt.


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III.
Er schreibt:


Du liebst mich! Wunderbarer Himmelsgruß!
Es bricht die Erde unter mir zusammen,
Ich schlag' den Arm um dich und fühle flammen,
Nicht Seel' an Seele nur, auch Kuß an Kuß.

Ich trat von dir zurück mit scheuem Fuß,
Eh' unsre Herzen in einander schwammen,
Doch jetzt - du liebst mich - nicht wirst du's verdammen,
Sprech' ich ihn aus, den seligsten Entschluß:

In deinen Armen mich erlöst zu wähnen,
Für ewig jedes unstillbare Sehnen
Ertränkend in der Wonne myst'schen Thränen.

Dein Kuß - mein Dolch - sie tilgen jede Noth!
Zum Himmel schiff' ich - wähle den Pilot! -
Durch deine Liebe oder meinen Tod.


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IV.
Sie schreibt:


Die kühnen Worte deiner Liebe warfen
In's Leben mir ein rettungslos Zerstören.
Ich kann den Sturm nicht deiner Brust beschwören
Mit meines Innern sanften sanften Aeolsharfen.

Und nimmer könnt' mein Herz im Weh, dem scharfen,
Von deinem einsam bittern Tod zu hören,
Mit flschen Trostesworten sich bethören
Zum Weiterleben unter hohlen Larven.

So mag die Zukunft was sie will uns bringen!
Mir ist dein Lieben - göttliches Geschick;
Ich will nicht feig mich seinem Arm entringen.

Und öffnet sich ein Abgrund meinem Blick,
In seine Tiefe lockt mich die Musik:
Wenn Herzen, weltbefreit, zusammenklingen.


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II.
Er schreibt:


Als deiner Arme sel'ge Zauberkreise
Zu früh sich lösten, mich, den Erdentrückten,
Zum letzten Mal an seinen Himmel drückten,
Und deine Thränen flossen schmerzlich, leise,

Da sprachst du dumpf, in märtyrhafter Weise,
Indeß noch Flammen deiner Lieb' dich schmückten:
"O laß die Wonnen, die uns jetzt entzückten,
Das letzte Ziel sein uns'rer ird'schen Reise".

Es klang wie eines schweren Eid's Symbol,
Selbst abzubrechen uns'res Glückes Treppen,
Wie Mahnung an den Tod, dein Lebewohl.

Ich hab gelebt auf blüthenlosen Steppen.
Doch Bittrers giebt es nicht von Pol zu Pol,
Als noch ein Glück im Arm zu Grab' sich schleppen.


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II.
Sie schreibt:


Ja, bitter ist's, in Paradiesen sterben,
Wenn noch der Wonnekelch nicht ausgenossen,
Doch besser, als vom Schicksal d'raus verstoßen,
Noch um ein elend Stücklein Leben werben.

O laß uns nicht ein herbstliches Entfärben
Des Glückes sehn, das blühend uns umschlossen,
Und nicht den Frühling, duftvoll aufgeschlossen,
Zernagt sehn vom allmäligen Verderben.

Ward Liebe die erfüllte, letzte Sendung
Des Weibes - eines Erdenlaufs Vollendung,
Dann sprengt sie das Gefäß, dann strömt sie rein,

Getrübt nicht von des Seins langwier'ger Schändung
In Gottes Herz - nur dem, der niedrig, klein,
Gilt mehr der Becher als der goldne Wein.


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II.
Er schreibt:


Ich habe nicht gegrollt, ich konnt' nicht jammern,
Als Schergen mir mein gutes Schwert entwanden,
Als meines Volk's Erlösungskampf zu Schanden
Ward in Sibiriens unterird'schen Kammern.

Schlägt Gott die Welt mit allzuschweren Hammern,
Wer räth die Form, für welche sie vorhanden?
Und ich, der lächelnd so viel Weh bestanden,
Will weinend ein entweichend Glück umklammern?

Ich kann nicht sterben, wenn du stirbst, nicht fliehen
Den Schmerz, der eine Sendung mir verliehen,
Der selbst ein Glück, weil er im Glück begann.

Auf neue Bahnen führt solch' Weh den Mann.
Du aber stirb, du kannst's in süßem Frieden,
Des Lebens Inhalt ward dir ganz beschieden.



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