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Normale Version: Erinnerungen an Aigen (6)
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Erinnerungen an Aigen

1.


So will denn nicht, die alte Sehnsucht schweigen,
Und immer kehrt der Heimat süßes Bild,
  Und schwebt herüber aus den Erlenzweigen,
In goldnen Duft und Purpur eingehüllt?

In neuem Lenze prangst Du wieder, Aigen,
Und Deine Haine sind mit Lust erfüllt!
Und immer mahnt es mich, hinan zu steigen,
Zu Deinen Höh'n, aus blühendem Gefild'!

Zur Kanzel sucht der Geist empor zu dringen!
Er möchte gern die alten Reize schauen,
und, lustig ausgebreitet seine Schwingen,

Sich niedersenken auf die Blumenauen,
Wo einst der Fürst mit seinem Sänger ging,
Und hoch entzückt an seinem Liede hing.


2.

Die Fichte säufelt oben an dem Hange,
    und immer flattert auch die Silberquelle!
    Sie stürzet nieder mit melod'schem Klange,
    Und goldbesäumet hebt sich ihre Welle!


Der Epheu rankt sich um des Klausners Zelle.
    Gern schlich ich hin auf schattenreichem Gange
  Wie einst mich bergend vor`des Tages Helle,
  Zu lauschen des Gemüthes stillem Drange.

Und alle Labyrinthe, kühn verschlungen,
Durchspäht das Auge, sucht die alte Stätte,
Wo ich hinaus geblickt nach Deinen Hügeln,

Geliebtes Thal, von Dichterglut durchdrungen,
    Und dann entschwebte zu der Berge Kette
  Wie die Sylphide auf den Aetherflügeln!"


3.

Ragt nicht vor mir des Berges Riesenbild,
    Mit seinen Marmorschultern seh' ich's leben!
    Verworren sind die Pfade, steil und wild
  Dem Wandrer find zur Warnung sie gegeben;

Denn innen haust mit Lanze, Schwert und Schild
  Carol mit seinem Heer'; die Tiefen beben!
Weh! Wer den heißen Durst des Wassers stillt
Es wird ihn grauenvoll sein Geist umschweben!

Du kennst sein Heer! Es dröhnt im Marmorschooße
Von Schlachtensturm! Des Kaisers Bart umfanget
Neunfach die Marmortafel in dem Schloße,

Wo er auf gold'nem Thron' zum Zepter langet,
    und seinen Völkern winkt, die Schlacht zu schlagen,
    Die legte — einft in unbekannten Tagen!


4.

Der Sieger stieg hinab zum tiefen Grunde,
Ihr kennet ihn. Er sah die Marmorwände
Hell leuchtend in des Berges weitem Schlunde,
und der Demanten tausendfache Spende!

Es steht die Jungfrau mit verschloß'nem Munde
An Carols Seite - weist nach jenem Ende
Des Demantsaales, wo die ernste Stunde
Zum Kampf ertönt, und das Gewühl, das bunte

Aus Feen und Elfen und aus Paladinen
Verschwindet, und in dichtes Erz gehüllet
Der Ritter Schaar im Waffensaale wühlet,

Die Schlacht mit ihrem Kaiser zu beginnen
Auf jenen Fluren, wo die Franken siegten,
Als sie im Freiheitsschwindel uns bekriegten!


5.

Sieh, munter woget durch die Weiden-Auen
Die rasche Salzach, küßt mit flücht'gem Kuß'
Die Blumenufer, strömend aus den Gauen,
und bringt dem Städter frohen Hirtengruß!

Wie sank ich ernst in seliges Beschauen
Dahin, du Wonnethal! Dein Genius
Umflüstert mich mit liebendem Vertrauen,
Und sieh, ich fühle trauten Händeschluß!

,,Einst war es schön, als Ludwig und Therefe
Des Schönen reiche Fülle ausgespendet!
Da blühten wir mit diesem Königspaar"!"

O, führ' mich hin zum Wunderthal! Ich lese
    Die ersten Blumen! Hat dein Glük geendet,
  So reich' ichs Ihm mit diesen weinend dar.


6.

Noch einmal höre meinen Gruß, Du Aigen,
Du Zauberpark in tausendfalt'ger Schöne!
Was groß, was herrlich ist - es bleibt Dein eigen!
  So künden selbst Brittanniens freie Söhne.

Jetzt graut in Deinem Hain ein tiefes Schweigen,
  Therese, Ludwig waren Lieblingstöne,
    Sie lispeln noch aus Deinen Pappelzweigen,
    Und im Theresen-Gange seufzt Gestöhne.

Durch Sie erst hob sich Deiner Wunder Fülle!
    Die Blumen küßten Ihres Kleides Saum.
  Auf! führt mich in des Ganges Feierstille,

Mit ihr zu träumen noch des Glückes Traum,
    Der dort sein gold'nes Nez um Sie gesponnen,
    Als Sie der Mutter ersten Tag begonnen!


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