Sonett-Forum

Normale Version: An Laura (6)
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An Laura

I.


Ich sah im Aetherblau ein Sternlein schwimmen,
Gar traulich lachte mir sein stilles Glänzen;
Ich sah es gern vor all' den Sternen-Kränzen,
Die hehr das weite Himmelszelt durchglimmen;

Viel Blüthen lockten mich mit Zauber-Stimmen,
Sie riefen mir aus bunten Farben-Tänzen;
Ein Blümchen pflückt' ich mir aus all' den Lenzen,
Und ließ verschmäht die andern stolz ergrimmen.

Ich sah ja, Laura, Deine holden Augen,
Und liebte Dich, doch nicht mit heißem Toben,
Ich liebe still, wie Veilchendüfte hauchen,

Ich liebe sehnend Dich, wie's Sternlein oben,
Ganz möcht' ich in Dein Wesen niedertauchen,
Weil hoch Du über Nied'res mich erhoben!


II.

Was ist's, daß ich mir selbst ein Rätsel scheine?
Bald wähn' ich auf dem Meer der Lust zu schiffen,
Umlacht vom Aetherblau und Rosenscheine;
Bald ist mein Kahn zerschellt an Felsenriffen.

Im Traume seh' ich schöne goldne Schreine,
Voll von Pokalen, künstlerisch geschliffen,
Und füll' ich sie mit lebensmuth'gem Weine,
Ist's ekler Wermuth nur, den ich ergriffen.

Heut sonnet sich in Freiheit stolz mein Wesen,
Und morgen schon häng' ich an schwerer Kette,
Und weiß es nicht, was gestern ist gewesen,

Und sinne nicht, wie ich mich muthig rette;
Wer mag dieß Räthsel meiner Sinne lösen?
Du zauderst? Und doch kannst nur Du's, Laurette!


III.

Noch ist es nicht, das süße Wort, gesprochen,
Verschlossen liegt's in treu verschwiegnem Herzen,
Doch länger nicht trag ich der Sehnsucht Schmerzen,
In banger Brust der Wünsche lautes Pochen.

Frey sey das Wort, die Fessel sey gebrochen,
Des Kerkers Nacht erhellt von Liebeskerzen,
Verscheucht der Gram von leichtbeschwingten Scherzen,
Mit muth'ger Kraft des Zagens Damm durchstochen!

Warum sollt' ich's Dir freudig nicht bekennen,
Wem meiner Pulse Takte liebend schlagen,
Wen sehnend mir der Haine Echo nennen,

Wem ich im Heiligthum der Brust getragen?
Du bist's, der meiner Liebe Opfer brennen,
Dich bet' ich an: o zürne nicht dem Wagen!


IV.

Noch bist Du mein, noch lacht aus Deinen Zügen
Der Liebe zarterschloss'ner Frühlings-Garten;
Wie Blüthen seh' ich noch zum Kranz sich fügen
Die süße Gunst und Neigungen, die zarten.

O Laura, sollten diese Blicke trügen;
Die Liebe, die die Engel gern bewahrten,
Wär' nur des Sommers-Vogel buntes Fliegen
Von einer Blume zu den andern Arten?

Nein, Zweifelsucht, mit deinen gift'gen Schlangen
Sollst du mir nicht das treue Herz umstricken;
Warum dieß düst're, quälende Erbangen?

Les' ich nicht klar in Laura's reinen Blicken,
Ihr Liebreiz habe ewig mich umfangen.
Für eine Ewigkeit mich zu beglücken?


V.

Ein Lied verlangte scherzend heut die Holde,
Als sey mein Lieben nicht ein stetes Spielen
Mit lieblichen, harmonischen Gefühlen
Auf meines Herzens reinem Saiten-Golde;

Doch Du gebeust, ich steh' in deinem Solde,
Mir ward ja neidenswerthes Loos vor Vielen,
Daß meine Lieder, Schönste, Dir gefielen,
Die Dir mein treues Herz begeistert zollte.

Ich singe Dir; doch soll ich würdig singen,
So leite Du die unstät irren Triebe,
Gebiete Du des Sanges luft'gen Schwingen,

Führ' sie zur Sonne durch das irdisch' Trübe,
Und schenke mir, das Zagen zu bezwingen,
Schenk', Laura mir, was ich Dir singe, - Liebe!


VI.

Du schweidest, Laura, hin zu weiten Fernen
Ziehst Du, und nicht mehr wird Dich schauen
Mein Blick, doch eine Brücke will sich bauen
Die Sehnsucht kühn zu den verwandten Sternen;

Die Kunst der bunten Farben will ich lernen,
Auf Linnen zaubern holde Frühlings-Auen,
Und sie mit Deinen Reizen überthauen,
Mit Deiner Huld das Himmelszelt besternen;

Ein Gärtner will ich seyn, und treulich warten
Der zarten Blumen; blüht doch meinem Herzen
In der Erinn'rung auch ein schöner Garten;

Und sind die Früchte gleich nur Liebes-Schmerzen,
Wenn in dem kalten Jetzt die Blüthen starrten,
War süß es doch, mit Täuschung so zu scherzen!



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