Sonett-Forum

Normale Version: An eine Nachtigall
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An eine Nachtigall

O Sänger, jung der Freiheit schon entwöhnet,
So früh erschallet uns dein süßes Lied?
Eh noch der Frost von unsern Fluren flieht
Und eines Vogels Kehle wo ertönet.

Dir dünket Frühlingshauch, so heiß ersehnet,
Die Stubenluft, die deine Nacht umzieht,
Eh noch Viole und Narcisse blüht,
Und sich die Erde jugendlich verschönet.

O daß nur nicht, wenn Alles in Entzücken
Des Mais sich freut, der Wald und Flur verjüngt
Und dein Geschlecht mit Liebesglut durchdringt,

Zu schmerzlich dich des Kerkers Fesseln drücken,
Da nichts den süßen Drang des Herzens stillt,
Und Todesnacht dich Sänger früh umhüllt!