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Normale Version: Die Klöster (3)
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Die Klöster


1. Ursprung

Der Krieg, gewohnt die Erde zu verheeren,
Die Menschen wie ein Moloch zu verzehren,
Entfesselte die irdischen Gelüste
Vom Indus bis zu Thule’s fernster Küste.

Da kam das Christenthum mit seinen Lehren
Vom Beten, Fasten, Dulden und Entbehren,
Und reuig floh der Sünder in die Wüste,
Zerfleischte sich, bereute, weinte, büßte.

Und sieh, getrieben von der Liebe Flammen
Gesellten fromme Büßer sich zusammen,
Begrüßten sich als Väter und als Brüder,

Erbauten sich durch Psalmen, Hymnen, Lieder,
Bewirtheten mit liebendem Erbarmen
Die Fremden, die Verfolgten und die Armen!


2. In ihrer Blüthe

Gleich Engeln sah man in den Tempelhallen
Die Mönche fromm und keusch und schuldlos wallen.
Was Wunder, daß sie sich in jenen Zeiten
Der höchsten Ehren überall erfreuten?

Man hörte ihren Chorgesang erschallen,
Sah ihr Bemüh’n, der Gottheit zu gefallen,
Sah, wie sie Licht und Wahrheit zu verbreiten,
Der Bildung goldne Samenkörner streuten.

Die Einen schrieben ab, die Andern lehrten,
Und wie des Wissens Schätze sich vermehrten,
Erprangten bald die fürstlichen Abteien

Rings im Besitz der schönsten Ländereien.
Es ließen Kathedralen, Metropolen
Die Kirchenfürsten aus den Klöstern holen!


3. In ihrem Verfalle

Man sah die Mönche in den Tempelhallen
Von Purpur, Gold und Edelsteinen strahlen.
Die ohne Hemd und ohne Schuhe waren,
Die schimmerten in päpstlichen Tiaren.

Zum zweiten Mal sah man die Engel fallen
Herab vom Himmel zu der Hölle qualen.
Man sah der Mönche wohlgenährte Schaaren
Den Mammon mit dem Himmelreiche paaren.

Da kam, zermalmend wie der Gottheit Blitz,
Vom Westen her der Philosophen Witz
Und traf die Armen, die dem Satan ziehen,

Was Gott dem Frankenvolk an Geist verliehen.
Das Mönchtum fiel, und was davon noch steht,
Wird eben von dem Sturm der Zeit verweht!


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