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Normale Version: Venzl, Joseph: In Stadtamhof im April 1832 (5)
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Joseph Venzl
1781 - ?


In Stadtamhof im April 1832.

I.


O Stadtamhof! vor drei und zwanzig Jahren
Da wütheten der Feinde kühne Massen
In deinen Häusern wie in deinen Gassen;
Da thürmten sich Gefahren auf Gefahren!

Die allerschrecklichsten der Schrecken waren
Die Flammen, die aus Schlünden losgelassen
Mit Blitzesschnelle alle Häuser fassen,
Verwüstend wüthen in den dürren Sparren.

Die Feuerschlünde donnern; Kugeln sausen
Wild durch die Lüfte, und auf allen Seiten
Sieht man Verwüstung, Jammer, Tod und Grausen.

Die Krieger müssen über Leichen schreiten
Zum Kampf, die Lüfte glühen, toben, brausen,
Und Elend überall im Sturm verbreiten.


II.

Die Stürme ruh'n, die Feuerschlünde schweigen;
Die Fluren, ringsumher verwüstet, trauern;
Die Flamme stirbt in ausgebrannten Mauern,
Und Rauches Wolken aus dem Schutte steigen:

Die Bäume starren mit verbrannten Zweigen;
In Asche glühen Funken noch, und lauern
Auf neuen Raub und wollen kein Bedauern
Mit euch des Dachs beraubten Menschen zeigen.

Unglückliche! wo irret ihr im Schrecken?
Wird wohl der Mann, die Frau, das Kind noch leben?
Wo wird ein Dach euch, ganz Entblößte, decken?

Wie werden eure bangen Herzen beben?
Ach! möchten eure Thränen Mitleid wecken,
Und Gottes Hand das täglich Brod euch geben!


III.

Die Hoffnung blüht; die Feinde sind geschlagen
Auf jedem Punkt; die wilden Feinde fliehen
Verzweiflungsvoll; die Bundestruppen ziehen
Verfolgend nach auf raschen Siegeswagen:

Allmählig werden stumm des Jammers Klagen;
Die öden Fluren fangen an zu blühen,
Die Menschen sich auf's Neue zu bemühen,
Und der Verwüstung Bild hinweg zu tragen.

Es finden sich die Schwestern und die Brüder,
die Vettern, Basen, Männer, Kinder, Frauen
Bei den Ruinen ihrer Häuser wieder.

Sie danken Gott für's Leben voll Vertrauen,
Und flehen seine Huld auf sich hernieder,
Und fangen an mit seiner Hülf' zu bauen.


IV.

Die Bürger lassen sich nicht muthlos finden.
So viele Hindernisse sich auch zeigen,
Sie müssen der Beharrlichkeit sich beugen,
Und bei dem heißen Ernst der Bürger schwinden.

Der Mangel hilft das Mitleid überwinden,
Und so beginnt die Stadt in allen Zweigen
Aus ihrem Schutt verjüngt empor zu steigen,
Und sich ein neues Leben zu begründen.

Nur wenig Monate, - und Dächer heben
Sich schon auf Häuser, welche sich beeilen,
Unglücklichen den nöth'gen Schutz zu geben.

Ist gleich der Raum, den brüderlich sie theilen,
Noch eng; sie können doch beisammen leben,
Und wieder froh am eignen Herde weilen.


V.

Vollendet ist die Stadt. Die Häuser stehen
Im schönsten Ebenmaße da, und schauen
Mit breiten Stirnen, wie die jungen Frauen,
Den Friedenskranz, vergessend alte Wehen.

Wer kann den Wechsel ohne Rührung sehen?
Die Menschen sind erfrischt, wie auf den Auen
Die Blumen in des Frühlings kühlen Thauen.
Wie froh sie nun zur Arbeit wieder gehen!

Vergessen ist des Unglücks bange Stunde,
Gewerbe athmen wieder frisches Leben,
Und alles regt sich froh im neuen Bunde.

Laßt nun des Dankes Lied zum Himmel schweben,
Zu Gott die Herzen fleh'n mit reinem Munde,
Er möge Glück uns mit dem Frieden geben!


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