Sonett-Forum

Normale Version: An einen einst bewunderten Dichter
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Heinrich Greif
1907 – 1946



AN EINEN EINST BEWUNDERTEN DICHTER

Dein Klagen, Selbstbeweinen, Weltverfluchen,
Dein Überdruß, Dein Spott, Dein Menschenhaß,
Dein Volkverachten und Dein Göttersuchen,
Geformt zu edel-strengem Silbenmaß,

Dein Jammer, der an meinen Jammer rührte,
Dein Schmerz, den ich als meinen Schmerz empfand,
Dein Trübsinn, der zu Trübsinn mich verführte,
Und Deine Angst, einst meiner Angst verwandt —

Dies alles kann mich nun nicht mehr gefährden.
Seit ich den Menschen in die Augen schaute,
Die handelnd sich vollenden hier auf Erden,

Zerstob der Nebel, der mein Hirn umbraute.
In liebender Verschwendung an das Werden
Bemeist’re ich das Sein, vor dem Dir graute.


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