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Normale Version: Sonette aus dem Orient ( von 1864 ) Unter dem Halbmond (12)
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Sonette aus dem Orient ( von 1864 )


Unter dem Halbmond



Der Muezzin

Vom Minareth zu drei verschied’nen Malen
Erschallt der ernste Mahnruf zum Gebet’:
Wenn’s rosig angehaucht vom Morgen steht,
Und golden sich die grauen Wogen malen;

Wenn Mittags weiße Bronnen Kühlung strahlen,
Zum Kief* die Sclavin mit dem Fächer weht;
Wenn scheidend noch der Tag durch’s Gitter späht
Nach Frauen, schleierlos, mit Goldsandalen.

Es tritt, auf hoher Warte sich zu zeigen,
Schneeweiß der Rufer aus der schmalen Pforte;
Vier Winden überläßt er seine Worte.

Doch träge schwillt der heil’ge Ruf an’s Ohr,
Von dem sich manche Sylbe ganz verlor –
Denn alles Leben hier ist Traum und Schweigen.
*=Siesta


Auf dem Bazar

Den krummen Säbel schwangen die Kalifen,
Den Kopf vom Rumpfe schnitt der Yatagan,
Im Handgemenge stieß der Muselmann
Den grimmen Handschar in der Weiche Tiefen.

Die Heldengeister, die zu Schlachten riefen,
Entschliefen in den Klingen; dann und wann
Nur klingt in ihnen Nachts die Sehnsucht an,
Wie einst von rothem Feindesblut’ zu triefen.

Nun strotzt der Griff von lichten Edelsteinen,
Von rothem, weichem Sammet sind die Scheiden,
Und kraftlos sind des Stahles Koransprüche.

Vertauscht um Spielzeug all’ die Waffen scheinen;
Schön mag ihr Glanz den Turbanträger kleiden,
Längst ging jedoch des Islam Kraft in Brüche.


An die Thaler der Levanthe

Ich möchte mir ein Riesenschiff erbauen,
Das windesschnell und Stand den Stürmen hielt’;
Es müßt’ ein Tausendguldennoten-Bild
Auf roth- und weißer Flagge sein zu schauen.

Könnt’ ich auf Gnomenhülf’ und Zauber trauen,
Ich träte vor mit blankem Silberschild’
Und riefe silberhell, verlockend mild:
„O kommt auf’s Schiff, zu grünen Heimatauen:

Vom Hals des Beduinenweibs, aus Schränken
Und Säcken, von der Wechsler offnen Bänken,
Vom Kopfe gar der Nazarenerin!

Wie lang wird euer Klang daheim entbehrt!
Daheim nur kennt man eu’ren ganzen Werth
Und kennt das Bild der großen Kaiserin“.


Unter den Cypressen

Cypressen, schlanke, dunkle Pyramiden!
Am lichtverklärten, meerumsäumten Bilde
Die einz’gen Schattenstriche! Thauet milde
Auf’s Haupt mir Schattenkühle, Sammlung, Frieden.

Zu viel des Zaubers ist dem Aug’ beschieden!
Wie glänzt das Meer! Wie lachen die Gefilde!
Cypressen, unter eu’rem grünen Schilde
Noch glüht die Stirn’ und alle Pulse sieden.

O laßt mich ruh’n in eu’rem Heiligthume!
Und hab’ ich mir ein Grab* zum Sitz erwählt,
Mein Sinnen stört die Grabesruhe nicht; -

Nicht jenes Weib, die weiße Haremsblume,
Die fest den Marmorstein umschlungen hält
Und durch den Schleier das Fatiha spricht.

*Die türkischen Friedhöfe sind häufig Cypressenhaine


Moschee

Am Brunnen mußt’ ich meine Schuhe lassen,
Auf Socken trat ich in das Heiligthum;
Die Kuppelhalle, leer und öd’ und stumm,
Es drängte mich, sie baldigst zu verlassen.

Kein Opferherd! Kein Bild! Nur ringsherum
Verkünden von der Wand, von farbenblassen
Tapeten Koransprüche, schwer zu fassen,
Allah’s und des Propheten Wort und Ruhm.

Doch sieh’! Ein Greis mit heiliger Geberde,
Er beugt und hebt sich, wirft sich auf die Erde,
Von meinem Kommen unbeirrt und Schauen. –

Und mehr als Bilder oft und Glockenschall,
Als Rauch, Musik und als die Lichter all’
Vermochte hier der Greis mich zu erbauen.


Ein Selam

O sieh’ an meiner Brust die Rose prangen,
So roth, wie keine noch gebrochen worden!
Du bist des Herzens Sultanin geworden,
Ein Sclav’, erwartet es sein Loos mit Bangen.

Kein Widerschein auf deinen zarten Wangen?
Narcissen sieh’, den andern Blumenorden!
Umschließt dein junges Herz noch eis’ger Norden,
Sie duften Glut nur, heimliches Verlangen.

Am Schleier rück’ und traue den Cyanen:
Es weicht nur dir des Herzens goldne Pforte,
Mein Mund verschwendet Küsse, sparet Worte.

Kein Pfand? – Vernimm des Epheuzweiges Mahnen:
Wenn einst dein Herz erglüht und suchet meines –
Es ruht im Schatten des Cypressenhaines.


Im Garten wandeln weiße Sultansfrauen

Im Garten wandeln weiße Sultansfrauen;
wohl atmen Plätscherbrunnen Abendkühle,
doch Flüsterbüsche hauchen Weihrauchschwüle,
und aus dem Düster warme Augen schauen.

Wie magst du, Padischah, dem Zwinger trauen?
Dort lugt der Mond herab vom Wolkenpfühle
und zieht heran die zärtlichsten Gefühle;
dem Zephyr weicht der Schleier gar, dem schlauen.

Es bebt der Myrten reine, weiße Blüte;
es quillt ein tiefes Weh aus Bülbüls Sang.
Wie wird euch, schöne Frauen, zu Gemüte?

Schwand alle Sehnsucht nach der Heimat hin,
wo frei und heilig ist der Liebe Drang?
O Griechenmädchen! O Circassierin!


Der Moslem ruht im kühlen Prunkgelasse

Der Moslem ruht im kühlen Prunkgelasse,
Das Indiens Wohlgerüche süß durchwallen;
Es läßt die Hand die Sandelperlen fallen –
Zuleika naht mit heller Moccatasse.

Und Leila reicht, die schlanke lilienblasse,
Den Tschibuk, goldgeschmückt und mit Korallen;
Häidie tanzt mit Peri’s Reizen allen,
Und feurig singt das Mädchen vom Parnasse:

O sinnt den Mädchen nach voll Ambraduft,
In tausend Einer Nacht erzählt, ersonnen!
Der Schleier wehrt, von Elfenhand gesponnen,

Dem Bild der Wirklichkeit, der Grabesluft.
Was farbentrunken malt die Phantasie,
Das schaut ihr hinter Haremsmauern – nie.


Auftrag an das Wandervöglein

O Vöglein, Bürger beider Hemisphären!
Dir prangt der Frühling hier, der Frühling dort,
Und hier und dort ein Nestlein ist dein Port,
Das Meer, so du durchsegelst, ist ätheren.

Schon sind hier eingeheimst die goldnen Aehren,
Versiegt der Bronnen, Busch und Baum verdorrt;
Es zieht dich nach dem grünen Norden fort,
Wo Blatt und Duft und Blüte wiederkehren.

Viel Glück! – Und sag’ der Liebsten meiner Lieben
Und richt’ es aus nach seiner Boten Brauche:
Daß ich im Herzen bin mir gleich geblieben;

Doch daß an Lipp’ und Kinn der Bart mir sproß,
Daß ich den Turban trage, Tschibuks rauche
Und daß ich reit’ ein klug arabisch Roß.


Mittagsrast


Uns bot ein Feigenbaum sein Schattendach;
Wir hielten Mahl und Mittagsrast darunter,
Denn eine Quelle rauschte kühl und munter
Und krümmte glänzend sich zu Tal gemach.

Wir lockten alle Männer nach und nach
Vom Pfluggespann zu uns; ein Hemd hinunter
Bis an das Knie, ein Gurt, ein Fez mit bunter
Umwindung dem, was Kleidung heißt, entsprach.

Aus ihren Mienen lachte Neubegier;
Als Kenner griffen sie nach uns’ren Waffen
Und machten viel mit ihnen sich zu schaffen.

Für Wunder hielten sie die Uhren schier;
Und gar das Picken! – Aus dem Reisesack
Verteilten Pulver wir und Rauchtabak.


Einkehr

Auf nassen Betten unter nassen Zelten
Durchfiebert hatten wir die dritte Nacht;
Auf trock’ne Herberg waren wir bedacht
Am vierten Tag für reichliches Entgelten.

Ein Scheikh nahm uns zu Gast und bald erhellten
Die dunkle Wohnung Flammen; Reisig bracht’
Uns selbst der Wirth und nahm die Gluth in Acht,
Und braune Männer sich zu uns gesellten.

Der Hausrath all’ war uns gestellt zur Hand,
Geflöcht’ne Körbe, Krüge, dürre Frucht,
Uns gut zu pflegen blieb nichts unversucht.

Und als der Scheikh uns ruhbedürftig fand,
Drückt er uns männlich noch die Hände, geht
Und nimmt mit sich die Matte zum Gebet.


Gruß an die Heimat

Von Wolken ist bedeckt der Himmelsplan,
Nur gleich Oasen blaue Felder prangen,
Von Wolkensäumen silberhell umfangen;
Aus Norden stürmt die mächt’ge Windsbraut an: -

Sieh’, Funken flieh’n, und wieder andre nahn...
Wie rasch durch’s tiefe Ätherblau sie drangen!
Was ist in Himmelssphären vorgegangen?
bricht sich ein goldner Regen nordwärts Bahn?

Nicht Schnuppen sind’s, die also zahlreich fallen,
Denn siehe, ganze Sternenbilder wallen
Dem Norden zu, der fernen Heimat zu.

Wie schnell ihr wandert, sonnenferne Lichter!
O grüße vom noch ungenannten Dichter
Die Heimat hellster aller Sterne, du!



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Der Muezzin

Vom Minaret der Moslem-Kathedralen
Erschallt der ernste Mahnruf zum Gebet’:
Wenn’s rosig angehaucht vom Morgen steht,
Und golden sich die grauen Wogen malen;

Wenn Mittags weiße Bronnen Kühlung strahlen,
Und mit dem Fächer die Khaduna weht,
Wenn scheidend noch der Tag durch’s Gitter späht
Nach Frauen, schleierlos, mit Goldsandalen.

Schneeweiß, auf hoher Warte sich zu zeigen,
Erscheint der Rufer aus der dunklen Pforte
Und überläßt den Winden seine Worte.

Doch träge schwillt der heilge Spruch an’s Ohr,
Undbald ist Alles ruhig wie zuvor,
Denn alles Leben hier ist Traum und Schweigen.



Auf dem Bazar

Den krummen Säbel schwangen die Kalifen,
Den Kopf vom Rumpfe schnitt der Yatagan,
Im Handgemenge stieß der Muselmann
Den grimmen Handschar in der Weiche Tiefen.

Vorbei! Die Geister, die zu Schlachten riefen,
Verstummten in den Klingen; dann und wann
Nur klingt in ihnen Nachts die Sehnsucht an,
Wie einst von rothem Feindesblut’ zu triefen.

Wohl strotzt der Griff von lichten Edelsteinen,
Von rothem, weichem Sammet sind die Scheiden,
Doch kraftlos sind des Stahles Koransprüche.

In Tand verwandelt Wehr und Waffen scheinen,
Schön mag ihr Glanz den Turbanträger kleiden,
Längst ging jedoch des Islam Kraft in Brüche.


Unter den Cypressen

Cypressen, schlanke, dunkle Pyramiden!
Auf lichtgetränktem, blaubesäumtem Bilde
Beherzte Schattenstriche! thauet milde
Auf’s Haupt mir Schattenkühle, Sammlung, Frieden.

Zu viel des Zaubers ist dem Blick beschieden,
Wie glänzt das Meer! Wie lachen die Gefilde!
Cypressen, unter eu’rem grünen Schilde
Noch glüht die Stirn’ und alle Pulse sieden.

O gönnt mir Rast in eurem Heiligthume,
Und hab’ ich mir ein Grab* zum Sitz erwählt,
Mein Sinnen stört die Grabesruhe nicht; -

Auch nicht das Weib, die weiße Haremsblume,
Das dort den Marmorstein umschlungen hält
Und durch den Schleier das Fatiha spricht.


In der Moschee

Am Brunnen mußt’ ich meine Schuhe lassen,
Auf Socken trat ich in das Heiligthum;
Die Kuppelhalle, leer und öd’ und stumm,
Es drängte mich, sie baldigst zu verlassen.

Kein Opferherd! Kein Bildniß ringsherum!
Nur Koransprüche, bunt noch im Verblassen,
Mäanderhaft verschlungen, schwer zu fassen,
Verkünden des Propheten Wort und Ruhm.

Doch sieh’! Ein Greis mit heiliger Geberde
Verbeugt und hebt sich, wirft sich auf die erde,
Von meinem Kommen unbeirrt und Schauen. –

Und mehr als Bilderkram und Glockenschall,
Als Rauch, Musik und als die Lichter all’
Vermochte dieser Greis mich zu erbauen.


Ein Selam

O sieh’ an meiner Brust die Rose prangen,
So roth, wie keine noch gebrochen worden!
Du bist des Herzens Sultanin geworden,
Ein Sclav’, erwartet es sein Loos mit Bangen.

Kein Widerschein auf deinen zarten Wangen?
Narcissen sieh’, den andern Blumenorden!
Umschließt dein junges Herz noch eis’ger Norden,
Sie künden: Glut und heimliches Verlangen.

Am Schleier rück’ und traue den Cyanen:
Es weicht nur dir des Herzens goldne Pforte,
Ein Kußverschwender, geiz ich mit dem Worte.

Kein Pfand! Vernimm des Epheuzweiges Mahnen:
Erglüht dereinst dein Herz und sucht es meines –
Es ruht im Schatten des Cypressenhaines.


Im Garten wandeln weiße Sultansfrauen


Im Garten wandeln weiße Sultansfrauen;
wohl atmen Plätscherbrunnen Abendkühle,
doch Flüsterbüsche hauchen Weihrauchschwüle,
und aus dem Düster warme Augen schauen.

Wie magst du, Padischah, dem Zwinger trauen?
Dort lugt der Mond herab vom Wolkenpfühle
und zieht hinan die zartesten Gefühle,
dem Zephyr weicht der Schleier gar, dem schlauen.

Es bebt der Myrten reine, weiße Blüte;
Es quillt ein tiefes Weh aus Bülbüls Sang,
Wie wird euch, schöne Frauen, zu Gemüte?

Schwand alle Sehnsucht nach der Heimat hin,
wo frei und heilig ist der Liebe Drang?
O Griechenmädchen! O Circassierin!


Dichtung und Wahrheit

Der Moslem ruht im kühlen Prunkgelasse,
Das süße Wohlgerüche leis durchwallen;
Die Sandelperlen sind der Hand entfallen
Denn Leila naht mit heller Mokkatasse.

Den Tschibuk reicht die schlanke, lilienblasse
Zuleika dar, im Schmucke von Korallen,
Häidie tanzt mit Peri’s Reizen allen,
Und feurig singt das Mädchen vom Parnasse:

Das Buch, für tausend Eine Nacht ersonnen,
Das Zaubernetz, von Elfenhand gesponnen,
Wen hätt’ es nicht bestrickt, wen nicht berauscht.

Doch welcher Franke ließ sich’s dreist gelüsten,
Darf ungestraft und unenttäuscht sich brüsten,
Das er des Harems Innerstes belauscht?


Mein Bote

O Vöglein, Bürger beider Hemisphären!
Dir prangt der Frühling hier, der Frühling dort,
Und hier und dort ein Nestlein ist dein Port,
Das Meer, so du durchsegelst, ist ätheren.

Schon sind hier eingeheimst die goldnen Aehren,
Versiegt der Bronnen, Busch und Baum verdorrt;
Dann mahnts dich nach dem grünen Norden fort,
Wo Blatt und Duft und Blüte wiederkehren.

Viel Glück! – Und sag’ der Liebsten meiner Lieben
Und richt’ es aus nach seiner Boten Brauche:
Daß ich im Herzen bin mir gleich geblieben;

Doch daß an Lipp’ und Kinn der Bart mir sproß,
Daß ich den Turban trage, Tschibuks rauche
Und daß ich reit’ ein klug arabisch Roß.


Eine Mittagsrast

Uns bot ein Feigenbaum sein Schattendach;
Wir hielten Mahl und Mittagsrast darunter,
Denn eine Quelle rauschte kühl und munter
Und krümmte glänzend sich zu Tal gemach.

Wir lockten viele Männer nach und nach
Vom Pfluggespann zu uns; ein Hemd hinunter
Bis an das Knie, ein Gurt, ein Fez mit bunter
Stirnbinde dem, was Kleidung heißt, entsprach.

Aus ihren Mienen lachte Neubegier;
Als Kenner griffen sie nach uns’ren Waffen
Und machten viel mit ihnen sich zu schaffen.

Für Wunder hielten sie die Uhren schier;
Und gar das Ticken! – Aus dem Reisesack
Verteilten Pulver wir und Rauchtabak.




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