31.08.2023, 15:52
Sonette aus dem Orient ( von 1864 ) Smyrna (2)
Rhodus
I. – Die Palme
In rechter Hand die helle Schifferleuchte,
So stand der Erzcoloß als Hafentor,
Daß unter ihm sich jeder Mast verlor,
Der fernher Wolken gar zu streifen deuchte.
ihm netzte nicht die Hüften Staub, der feuchte,
Warf sich die Brandung zorngemut empor. –
Kaum fand das Felsenpiedestal sich vor,
Als unser Dampfer ankernd hier verkeuchte!
Noch sann ich nach dem ernsten Zeitenspiel,
Denn auch die stolze Kreuzesflagge fiel
Vom Thurm, auf dem sich jetzt der Halbmond wiegt:
Da grüßet mich, verscheuchend meinen Gram,
Die erste Palme, deren schräger Stamm
Sich an die alte Hafenmauer schmiegt.
II. – La strada de’ cavalieri
Sag an, wo sind, die dir den Namen gaben?
Noch künden selbst vergeßne Wappenschilder,
Steindiademe, Stern- und Löwenbilder
Geschlechter, längst verschollen, längst begraben.
Den Gang entlang kein muthig Pferdetraben!
Kein Troß und Waffenlärm, kein kampfeswilder!
Und auch kein Hospital, mit christlich milder
Geschäftigkeit die Blutenden zu laben!
Die ganze Gasse – wie ruinenschaurig!
Verödet ist der Saal und stumm und traurig,
Drin Ritter einst beim Siegesmahl gesessen.
Erker, noch immer nicht zu Fall gebrachte!
Gewiß, ihr habt nicht gänzlich schon vergessen
Des Helden, der Soleiman zittern machte.
III. – Das Meer
Ein halber Thurm! Wie früh, wie spät es sei,
Das künden dir am Zifferblatte keine
Belebten Zeiger. Wildgehäufte Steine
Und Schutt ringsum, und Säulen, längst entzwei!
Zuweilen schleicht vermummt ein Weib vorbei,
Zuweilen streckt ein Hund von sich die Beine,
Und wärmt ein Esel sich am Sonnenscheine,
Zuweilen dringt aus Knabenmund ein Schrei. –
Das Meer behielt den alten Rauschegruß;
Die Wellen nah’n, von größ’ren überholt,
Und netzen deinen allzukühnen Fuß.
Und ob das Aug’ an Trümmern sich entsetze,
Stets neue Segel werden aufgerollt,
Und bald erblühen neue Stapelplätze!
IV. – Vier Bildchen
Das mußte mich mit der Cajüt versöhnen! –
Im gastlich off’nen Hafen liegen wir,
Durch der Cajüte Seitenluken vier
Erglänzt die Stadt in hellen Farbentönen;
Und Wölklein zieh’n, den Anblick zu verschönen,
ihr letztes Gold verstrahlt die Sonne schier:
Da bieten reizend sich vier Bildchen mir,
Wie solche jedes matten Stiftes höhnen:
Das Fort mit seiner Flagge, farbenprächtig –
Und die Moschee mit Thürmen, hoch und schmächtig –
Der Landungsplatz, der volk- und waarenreiche –
Der Mühlen geisterhaft bewegte Speiche! –
Wohl wären die ovalen Bildchen hier
Im kahlen Zimmerchen die schönste Zier. -
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Rhodus
I. – Die Palme
In rechter Hand die helle Schifferleuchte,
So stand der Erzcoloß als Hafentor,
Daß unter ihm sich jeder Mast verlor,
Der fernher Wolken gar zu streifen deuchte.
ihm netzte nicht die Hüften Staub, der feuchte,
Warf sich die Brandung zorngemut empor. –
Kaum fand das Felsenpiedestal sich vor,
Als unser Dampfer ankernd hier verkeuchte!
Noch sann ich nach dem ernsten Zeitenspiel,
Denn auch die stolze Kreuzesflagge fiel
Vom Thurm, auf dem sich jetzt der Halbmond wiegt:
Da grüßet mich, verscheuchend meinen Gram,
Die erste Palme, deren schräger Stamm
Sich an die alte Hafenmauer schmiegt.
II. – La strada de’ cavalieri
Sag an, wo sind, die dir den Namen gaben?
Noch künden selbst vergeßne Wappenschilder,
Steindiademe, Stern- und Löwenbilder
Geschlechter, längst verschollen, längst begraben.
Den Gang entlang kein muthig Pferdetraben!
Kein Troß und Waffenlärm, kein kampfeswilder!
Und auch kein Hospital, mit christlich milder
Geschäftigkeit die Blutenden zu laben!
Die ganze Gasse – wie ruinenschaurig!
Verödet ist der Saal und stumm und traurig,
Drin Ritter einst beim Siegesmahl gesessen.
Erker, noch immer nicht zu Fall gebrachte!
Gewiß, ihr habt nicht gänzlich schon vergessen
Des Helden, der Soleiman zittern machte.
III. – Das Meer
Ein halber Thurm! Wie früh, wie spät es sei,
Das künden dir am Zifferblatte keine
Belebten Zeiger. Wildgehäufte Steine
Und Schutt ringsum, und Säulen, längst entzwei!
Zuweilen schleicht vermummt ein Weib vorbei,
Zuweilen streckt ein Hund von sich die Beine,
Und wärmt ein Esel sich am Sonnenscheine,
Zuweilen dringt aus Knabenmund ein Schrei. –
Das Meer behielt den alten Rauschegruß;
Die Wellen nah’n, von größ’ren überholt,
Und netzen deinen allzukühnen Fuß.
Und ob das Aug’ an Trümmern sich entsetze,
Stets neue Segel werden aufgerollt,
Und bald erblühen neue Stapelplätze!
IV. – Vier Bildchen
Das mußte mich mit der Cajüt versöhnen! –
Im gastlich off’nen Hafen liegen wir,
Durch der Cajüte Seitenluken vier
Erglänzt die Stadt in hellen Farbentönen;
Und Wölklein zieh’n, den Anblick zu verschönen,
ihr letztes Gold verstrahlt die Sonne schier:
Da bieten reizend sich vier Bildchen mir,
Wie solche jedes matten Stiftes höhnen:
Das Fort mit seiner Flagge, farbenprächtig –
Und die Moschee mit Thürmen, hoch und schmächtig –
Der Landungsplatz, der volk- und waarenreiche –
Der Mühlen geisterhaft bewegte Speiche! –
Wohl wären die ovalen Bildchen hier
Im kahlen Zimmerchen die schönste Zier. -
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