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Normale Version: Moabiter Sonette: 77 - Wind vom Meer
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Wind vom Meer


Es pfeift von draussen. Tiefe Wolken treiben,
Von hellem Blau zuweilen jäh durchdrungen.
Nordwestwind ist in Stössen aufgesprungen,
Und rüttelt laut an Gitterwerk und Scheiben.

Er drängt in meine Zelle. Kann es sein —
Die Nase prüft — Ists nicht eine Spur
Von Salz in dieser Luft? Wärs Täuschung nur?
Und plötzlich rauscht das Meer zu mir herein.

Die Lippen summen leis das Hornsignal,
Das mich so oft auf hoher See geweckt,
Am frühen Morgen, wohlig ausgestreckt,

Gewiegt von langer Dünung Berg und Tal...
Ich fahre wieder. Dort — am Horizont —
Ists nicht der Glanz von Rio, der sich sonnt?



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