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Normale Version: Eichendorff, Joseph: Angedenken (2)
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Joseph Eichendorff             
1788 – 1857

Angedenken

I
 
Sie band die Augen mir an jenen Bäumen,
„Geh schöner Blinder!“ sagt’ sie dabei sachte,
Wußt nicht, wie Wunden süß dies Flüstern brachte,
Und stieß mich in des Spieles wogend’ Schäumen.
 
Nun in der Augen Nacht quoll blühend Träumen,
Der Mienen Huld, wie Zauberblum’n, erwachte,
Da end’t das Spiel, ins Aug Licht wieder lachte,
Doch sehend träumt ich fort von jenen Träumen.
 
So stand ich unter holden Farbenbogen,
Und wie mein ganzes Leben schwellend blühte,
Dankt ich dem Lenz für solch zaubrisch Verschönen.
 
Noch blüht der Lenz, doch sie ist fortgezogen,
Nun weiß ich, daß nur sie den Lenz beglühte,
Und einsam traur ich in den Strahlen, Tönen.
 
 
 
II
 
Wie wenn aus Tänzen, die sich lockend drehten,
Von müder Augen süßen Himmelsträumen,
Daß nun Gewährung nicht wollt länger säumen,
Verratend die schamhaften Schleier wehten,
 
Ein einz’ger in die Nacht hinausgetreten,
Schauend wie draußen Land und Seen träumen,
Die Töne noch verklingen in den Bäumen,
Ans Herz nun schwellend tritt einsames beten:
 
Also, seit du erhörend mich verlassen,
Grüßt mich Musik und Glänzen nur von ferne,
Wie Tauben, Botschaft bringnd durch blaue Lüfte.
 
Nacht legt sich um die Augen hold, die nassen,
Als Blume sprieß ich in die Klänge, Sterne,
Der goldnen Ferne hauchend alle Düfte.
 
 
 




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