Sonett-Forum

Normale Version: John Everett Millais: Ophelia
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John Everett Millais


[attachment=346]


Ophelia


Es ist kein guter Ort hier unter Weiden,
an dem betrübt das Wasser Anteil nimmt.
Dort nisten Nesseln im Geäst, dort schwimmt
ein Teppich Hahnenfuß. Wie locker-seiden
am andern Ufer wilde Rosen, wanden
sich in den Händen Maßlieb und Violen,
Vergissmeinnicht und Mohn beinah verstohlen
zum Brautkranz, ach - die fröhlichsten Guirlanden:

Sie lösen sich. Dem Wasser abgelauscht
legt sich das Haar in Wellen und ertrinkt,
wie sich das Kleid ein letztes Mal noch bauscht;
Ein sich Ergeben, das sich unbedingt
an seinem eignen Untergang berauscht
bevor es schwer wird und zu Boden sinkt.
Hallo Zaunkönig,

ein schönes Bild und stimmungsvoller Text, den du da entworfen hast. Besonders die Terzette habens mir angetan. Im einzelnen das, was mir nicht so eingeleuchtet hat bzw. woran ich mich gestoßen habe:

"Es ist kein guter Ort hier unter Weiden
an dem betrübt das Wasser Anteil nimmt"
Was da gemeint ist, ist schon klar. Der Ort per se ist nicht schlecht, aber als Ereignisort ist er nicht "gut". Das Wasser nimmt betrübt Anteil an der Trauer, die diese Tat hervorruft.

Aber die Verbindung kein guter Ort und Anteil nehmen passt für mich nicht richtig zusammen. Nur als Beispiel:
Hier ist ein stiller Freitod unter Weiden
an dem das Wasser trauernd Anteil nimmt

nisten Nesseln

Als Lautklang sehr schön, aber nisten Nesseln?

am andern Ufer wilde Rosen, wanden
wanden brauchst du als Reim, aber technisch hat sie den Kranz immer noch in der Hand? Und auch die Rosen am andern Ufer, auf die der Vergleich abzielt, winden sich noch. Dort gefällt mir auch die Satzkonstruktion nicht, die ist im Verhältnis zu den anderen Versen zu schwergängig.

In den Terzetten ist die mit "wie" eingeleitete Zeile 3 etwas eigenwillig, ich könnte sie mir parallel zum Legen des Haares besser vorstellen, wenns mit "als" losgeht. Das Haar löst sich ......als sich das Kleid ein letztes Mal noch bauscht

letzte Zeile "zum Grund hin" anstatt "Boden" ?

Hab Bild wie Text genossen.

Gruß

Sneaky
Hallo Sneaky,

Du hast natürlich Recht, insofern als daß das Wasser nicht am Ort Anteil nimmt. Das kann man auch eindeutiger ausdrücken.
Ich möchte hier allerdings nicht mit der Tür ins Haus fallen. wäre einem frühen Freitod noch etwas hinzuzufügen?

Die nistenden Nesseln möchte ich gerne behalten. Nicht nur des Klanges wegewn, sondern weil ich es auch bildlich so gesehen habe. Da gibt diese kleine Abbildung oben zwar nicht viele Details her, aber siehe selbst:

[attachment=348]
Zitat:wanden brauchst du als Reim, aber technisch hat sie den Kranz immer noch in der Hand?

In der Hand schon, aber die Tätigkeit ist, wenn auch nicht abgeschlossen, so doch eingestellt. Sie windet nicht mehr.

Zu Zeile 11: Es ging mir nicht nur um die Gleichzeitigkeit, sondern auch um den Vergleich von Haar und Kleid, die sich im Wasser ähnlich bewegen.

In der Schlußzeile greife ich deine Anregung gerne auf, leicht modifiziert: "zu Grunde"

LG ZaunköniG




Es ist kein guter Ort hier unter Weiden,
wo das Gewässer trübe Anteil nimmt.
Dort nisten Nesseln im Geäst, dort schwimmt
ein Teppich Hahnenfuß. So wie sich seiden
am andern Ufer Rosen wanden, fanden

sich in den Händen Maßlieb und Violen,
Vergissmeinnicht und Mohn beinah verstohlen
zum Brautkranz, ach - die fröhlichsten Guirlanden:

Sie lösen sich. Dem Wasser abgelauscht
legt sich das Haar in Wellen und ertrinkt,
wie sich das Kleid ein letztes Mal noch bauscht;
Ein sich Ergeben, das sich unbedingt
an seinem eignen Untergang berauscht
bevor es schwer wird und zu Grunde sinkt.