Sonett-Forum

Normale Version: Tränen
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Ein Wasserfall, so stark und doch auch rein,
Hört! Des Windes lautes flehn und heulen;
wäscht oftmals ab, das Leid des schwarzen Schein`s,
der Schutz der Schale, rissig, dünnes Gräuel.

Der Tag war dunkel, doch die Sonne lachte;
und trocken schien der Erde Glanz zerstört,
doch der Regen, wollt gar langsam schmachten,
ein kleiner Blitz? Ein Donner mich betört.

Die Zeit wird alle Wolken brechen mir,
und Tropfen, glänzend wie ein Stern so fein,
löscht allen Schmutz, der überragend schwer,
hinfort, das Dunkle lauern meines Sein`s.

Sieh, der Bach des Leiden`s dich bekehret;
das auch Schmerz, dein glücklich sein vermehret.
Hallo Mischu,

Wenn das wirklich dein erstes Sonett ist, wie in der PN geschrieben, ist das Ergebnis gar nicht so schlecht.
Grundlegendes Rythmusgefühl ist jedenfalls da und das ist in der Sonettdichtung schon die halbe Miete.

Dennoch ein paar Anmerkungen,

Zunächst zur Form:
Für den Leser wird es leichter die richtige Betonung zu finden, wenn du alle Zeilen gleich beginnst, - klassischerweise mit einer unbetonten Silbe.
Die Zeilen 2, 7 und 13 fallen hier aus dem Rahmen.

"Schein`s" und "Sein`s":
Das Apostroph ist ein Auslassungszeichen. Es wird benutzt, wenn dort eigentlich ein weiterer Buchstabe hingehört, aber nicht mitgesprochen wird.
Das Genitiv-S wird einfach nur angehangen.

"bekehret / vermehret":
Einen zusätzlichen Vokal einzufügen, ist ein Kniff der Barock und Romantik-Dichter, vor allem um weibliche Endungen zu erhalten. Das wirkt heute etwas antiquiert.
Man kann das machen, wenn es sich anders nicht reimt, aber hier ist es unnötig.

Du hast auch einige Umstellungen und Auslassungen, die den Satz etwas unnatürlich klingen lassen, insbesondere:
"Die Zeit wird alle Wolken brechen mir"

Inhaltlich finde ich den Wasserfall als Bild zu stark für die Tränen, zumal du "stark" auch noch extra betonst.
Eine sanfte Kraft des Wassers fände ich da passender, zum Beispiel das folgende Regen-Bild.

In Zeile 4, weiß ich ehrlich gesagt mit dem Gräuel nichts anzufangen.
Gräuel oder Grauen ist ein recht heftiger Ausdruck und wird nur von Ereignissen hervorgerufen, die wirklich "tief gehen", und damit aber nicht einfach "abgewaschen" werden können.
Das es kein sauberer Reim ist, würde ich durchgehen lassen, aber wie gesagt, inhaltlich finde ich es nicht ganz stimmig.

LG ZaunköniG